Cassini wird den Riesenplaneten, seine Ringe und Monde aus der Umlaufbahn ins Visier nehmen, um chemische Zusammensetzung, Temperaturen, Magnetfelder und den Einfluß des Sonnenwindes näher zu erforschen. Besonderes Augenmerk gilt dem einzigartigen Ringsystem des Planeten. Bei ihrem Anflug auf Saturn hatten die Voyager-Raumsonden entdeckt, daß die von der Erde aus schon mit einem einfachen Teleskop sichtbaren drei breiten Saturnringe in Wahrheit aus einem beinahe lückenlosen Ringsystem bestehen, das im Durchschnitt nur 1,5 Kilometer dick ist. Seine unerwartet komplexe Struktur erstaunt die Wissenschaftler bis heute. Fünf Monate nach der Ankunft des Raumsonden-Duos beim Saturn wird es spannend: Huygens wird den Abstieg auf den eisigen und stets von orangefarbenen Wolken verhangenen Saturnmond wagen. Was den irdischen Späher dort erwartet, ist ungewiß. Die Wissenschaftler vermuten sowohl in den Atmosphärenschichten als auch auf Titans minus 180 Grad kalter Oberfläche komplexe organische Verbindungen.
1980 hatte die amerikanische Raumsonde Voyager-1 den Mond bei einem nahen Vorbeiflug erstmals unter die spektroskopische Lupe genommen. Dabei fand sie zahlreiche Kohlenstoff-Verbindungen wie Acetylen, Ethylen, Ethan, Methylacetylen, Propan und Diacetylen. Große Aufmerksamkeit weckte die Entdeckung von Blausäure, da sie unter bestimmten Umständen Grundlage für die Bildung von Bausteinen des Erbmoleküls DNA sein kann. Seither gilt der tiefgekühlte Saturnmond – genau wie die Kometen, in deren Gas- und Staubschweif ähnliche Verbindungen nachgewiesen wurden – als „Testfall“, an dem sich noch heute die ersten Schritte der biochemischen Evolution des Lebens auf der Urerde studieren lassen könnten.
Mit insgesamt sechs Experimenten an Bord wird Huygens dem Mond auf den Leib rücken. Für den Abstieg, der am 27. November 2004 geplant ist, wird die diskusförmige Raumsonde durch ein Funksignal aus ihrem siebenjährigen Tiefschlaf geweckt und von der Muttersonde abgetrennt. Während ihres rund zweieinhalbstündigen Abstiegs muß sie auf alle Ereignisse autonom reagieren. Eingriffsmöglichkeiten von der Erde aus gibt es nicht – sie kämen viel zu spät, da Funkwellen bis zum rund 1,6 Milliarden Kilometer fernen Saturn knapp 90 Minuten brauchen.
Vieles spricht dafür, daß Huygens eine bizarre Landschaft auf dem Saturnmond Titan antreffen wird. Einige Wissenschaftler sagen eine feste Kruste aus Wasser- und Ammoniak-Eis voraus, auf der Vulkane und Geysire flüssiges Ammoniak ausspeien, das aus tiefen unterirdischen Reservoiren mit großem Druck an die Oberfläche drängt. Wie es jedoch tatsächlich auf Titan aussieht, wird erst die geglückte Landung von Huygens in sieben Jahren zeigen.