Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Die Primzahlen der Zikaden

Astronomie|Physik

Die Primzahlen der Zikaden

Im letzten Sommer war es wieder so weit. Nordamerika wurde über Nacht durch Myriaden von Zikaden überfallen, die Meldungen drangen bis Europa. Für manche ein Grund zur Freude: Gourmets schätzen Zikaden als wahre Gaumenkitzler. Und die Katzen lebten für kurze Zeit im Schlaraffenland – sie brauchten nur das Maul aufzumachen, und schon flog ihnen ein Leckerbissen hinein.

Für die meisten betroffenen US-Bürger waren die Zikaden dagegen eine Plage. Es waren viel zu viele – man musste die Wege frei kehren. Sie sind, wo immer sie auftauchen, zu laut: Die Insekten machen einen Krach wie ein Rasenmäher, Tag und Nacht. Und für viele Menschen sind sie einfach ekelerregend.

Nach ein paar Wochen war der Spuk in Amerika wieder vorbei. Die Zikaden hatten gefressen, was das Zeug hielt und sich vermehrt wie die Weltmeister. Die Larven lauern nun im Boden auf ihr nächstes Leben. Übrig geblieben waren nur die Haufen toter Zikaden, die man mit Besen und Kehrschaufel oder Laubsauger entsorgen musste.

Die Menschen konnten erst einmal wieder aufatmen. Denn die Zikaden kommen im nächsten Jahr nicht wieder, auch nicht im übernächsten, und auch nicht in drei Jahren. Aber irgendwann tauchen sie wieder auf. Nein, nicht irgendwann: in genau 17 Jahren!

17? Warum ausgerechnet 17? Können Zikaden überhaupt so weit zählen? Na ja, es gibt Arten, die kommen schon nach 13 Jahren wieder, und manche bereits nach 7. Merkwürdige Zeiträume, mögen Sie sich wundern, aber es sind bemerkenswerte Zahlen – nämlich Primzahlen. Und es ist kein Zufall, dass Zikaden im Rhythmus von Primzahlen wiederkehren.

Anzeige

Die Theorie besagt, die Zikaden wollen damit möglichen Räubern entkommen. Wie das? Da hilft wieder ein bisschen Mathematik: Nehmen wir einmal an, eine Zikadenart würde in einem 12-jährigen Rhythmus auftreten. Angenommen, ihre Fressfeinde würden auch nicht jedes Jahr auftreten, sondern nur alle paar Jahre. Die Räuber haben sich im ersten „gemeinsamen“ Jahr an den Zikaden satt gefressen und möchte natürlich beim nächsten Erscheinen der Delikatesse wieder in diesen Genuss kommen. Wenn nun die Räuberart jedes zweite Jahr erscheint, kommt sie in den Jahren 2, 4, 6, 8, 10 – also während des Zikadenschlafs – und muss sich notdürftig ernähren. Aber im 12. Jahr, wenn die Zikaden wieder da sind, sind auch die Räuber zur Stelle und haben leckere Nahrung in Hülle und Fülle. Auch wenn die Räuber einen 3- oder 4-Jahresrhythmus haben, erwischen sie die Zikaden bei deren nächstem Auftreten. Mit anderen Worten: Solche „12-jährigen“ Zikaden wären schon längst ausgestorben!

Nun haben Zikaden aber, geschickt wie sie sind, keinen 12- jährigen, sondern einen 17-jährigen Rhythmus. Wenn die Fressfeinde alle 2 Jahre auftauchen, treffen sie sich erst nach 34 Jahren, und bei einem 3-jährigen Intervall der Räuber bekommen diese ihr Zikaden-Mahl erst nach 51 Jahren wieder! Auch die Zikaden mit einem 13-jährigen Rhythmus sind ziemlich sicher vor dem Gefressenwerden: Wenn ihre Feinde alle 3 Jahre auftauchen, haben diese erst nach 39 Jahren wieder etwas zu fressen.

Der Mathematiker betrachtet das alles und staunt: Mit Primzahlen schützen sich die Zikaden vor dem Aussterben. Das ist eine fast perfekte Methode. Denn die Fressfeinde haben offensichtlich keine Gegenstrategie.

Egal, ob die Räuber gut oder schlecht in Mathe sind: Gegen die Macht der Primzahlen haben sie keine Chance!

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Ra|dio|nu|klid|bat|te|rie  auch:  Ra|dio|nuk|lid|bat|te|rie  〈f. 19〉 mit der Energie, die beim Zerfall radioaktiver Stoffe frei wird, arbeitende elektrische Batterie; … mehr

rheu|ma|tisch  〈Adj.〉 auf Rheumatismus beruhend [<grch. rheumatikos … mehr

Rück|ent|wick|lung  〈f. 20; Biol.〉 = Rückbildung

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige