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Die Welt der Riesenpilze

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Die Welt der Riesenpilze
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Die Prototaxiten genannten Riesenpilze (hier ein Fossil aus der Wüste von Saudi-Arabien) beherrschten vor 400 Millionen Jahren das Land. Foto: Reprinted from Review of Paleobotany and Palynology, Vol. 116, "Rotted wood ? alga ? fungus: the history and life of Prototaxites" Dawson 1959, by Francis Hueber, p. 146, Smithsonian Institution, Copyright 2001, with permission from Elsevier.
Die wohl seltsamsten Kreaturen, die jemals lebten, bevölkerten die Kontinente in den Erdzeitaltern Silur und Devon: Riesige Pilze, die entfernt heutigen Stinkmorcheln ähnelten, waren die beherrschenden Organismen jener Zeit, berichten Forscher um Kevin Boyce.

Zu Beginn des Devons, vor etwa 400 Millionen Jahren, breiteten sich gerade die ersten Landpflanzen aus. Es handelte sich um höchstens meterhohe wurzel- und blattlose Büschel, zum Beispiel schuppige Bärlappgewächse, die am Rand von Gewässern ihr Dasein fristeten. Als erste Tiere hatten sich Tausendfüßler, flügellose Insekten und Würmer aus dem Meer gewagt.

Einzig die Prototaxiten ragten aus dem Bodengestrüpp heraus. Diese merkwürdigen Lebewesen gaben Paläontologen seit ihrer Entdeckung vor 150 Jahren Rätsel auf. Ursprünglich wurden die knapp acht Meter hohen und einen Meter breiten Stängel als Koniferen klassifiziert, später argumentierten Forscher, es handele sich um Algen, Flechten oder auch Pilze. Für die letzte Theorie sprach der innere Aufbau: Prototaxiten bestehen aus zahlreichen eng miteinander verwobenen, winzigen Röhrchen, stellte der Paläontologe Francis Hueber vom Nationalen Naturkundemuseum in Washington im Jahr 2001 fest. Allerdings fand er keine Fortpflanzungsorgane, was ihn an der Pilz-Theorie zweifeln ließ.

Die Untersuchung von Boyce und seinen Kollegen stützt nun die Interpretation, dass die Prototaxiten Riesenpilze waren. Die Forscher untersuchten das Verhältnis verschieden schwerer Kohlenstoff-Isotope von etwa 400 Millionen Jahre alten Prototaxiten aus fünf verschiedenen Gegenden der Erde. Sie stellten fest, dass das Verhältnis stark schwankt. Die seltsamen Kreaturen können daher keine Pflanzen gewesen sein, argumentieren Boyce und Kollegen: Dann müsste das Isotopen-Verhältnis nämlich etwa gleich groß sein wie bei gleichzeitig lebenden Pflanzen, da der Kohlenstoff im Pflanzengewebe aus dem Kohlendioxid der Luft stammt.

Wesen wie Tiere oder Pilze, die kein organisches Material selbst bilden, übernehmen dagegen das Isotopenverhältnis ihrer Nahrung. „Die Schwankungen sind so groß, dass die Prototaxiten unmöglich Photosynthese betrieben haben können“, sagt Boyce. Es müsse sich daher um Pilze gehandelt haben. Aus ihren Ergebnissen schließen die Forscher auch, dass die Ur-Pilze nicht nur Pflanzenreste zersetzten, sondern sich wahrscheinlich auch von winzigen Algen ernährten, die im Devon noch im in großen Mengen Boden lebten. Da wohl keine Tiere an ihnen nagten, konnten die Prototaxiten ungestört ihren Riesenwuchs entwickeln. Warum sie so groß wurden, bleibt jedoch Spekulation: „Vielleicht waren sie so in der Lage, ihre Sporen weit zu verteilen“, meint Mitverfasserin Carol Hotton. Letztlich waren die bizarren Wesen allerdings den Veränderungen nicht gewachsen, die die zunehmende Zahl von Tieren und Pflanzen auf den Kontinenten verursachten: Vor 350 Millionen Jahren starben sie aus.

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Kevin Boyce (Universität von Chicago) et al.: Geology, Bd. 35, Nr. 5, S. 399 Ute Kehse
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