Messwerte zum ENSO-Zyklus gibt es erst seit rund 150 Jahren – das ist nicht annähernd lang genug, um einen langfristigen Trend – beispielsweise durch den Klimawandel – von den längeren periodischen Schwankungen zu unterscheiden, wie die Forscher erklären. Unter anderem deshalb kommen die gängigen Klimamodelle auch zu unterschiedlichen Aussagen darüber, ob ein Anstieg der globalen Temperaturen den ENSO-Zyklus eher verstärkt oder aber dämpft.
Zufall allein kann verstärkte Schwankungen nicht erklären
Um hier Abhilfe zu schaffen, haben Li und seine Kollegen nach biologischen Hinweisen auf langfristige Trends gesucht: Sie rekonstruierten die El Niño-Ereignisse der letzten 700 Jahre mit Hilfe der Jahresringe von Bäumen in sieben Regionen weltweit. Da die Dicke der Jahresringe durch Klimafaktoren wie Niederschläge und Temperaturen beeinflusst wird, lässt sich an ihnen ablesen, wie das Klima in dem betreffenden Jahr war. Die Auswertung von 2.222 Jahresringen ermöglichte es den Forschern so, Stärke und Häufigkeit des ENSO-Zyklus mit bisher unerreichter Genauigkeit zu rekonstruieren.
Das Ergebnis: Vor 1900 entsprechen die Schwankungen des El Niño und der La Niña einer zufälligen Verteilung, wie die Forscher berichten. In einem Großteil des 20. Jahrhunderts aber wich die ENSO-Aktivität von zufälligen Schwankungen ab: Der Wechsel der Warm- und Kaltphasen wurde extremer und häufiger. Der Anstieg der ENSO-Variabilität in den letzten Dekaden sei beispiellos für die letzten 700 Jahre, so die Wissenschaftler. Das deute darauf hin, dass dieses Klimaphänomen auf die globale Erwärmung reagiere. „Wenn dieser Trend einer steigenden ENSO-Aktivität anhält, dann müssen wir künftig mit mehr Wetterextremen wie Überschwemmungen und Dürren rechnen“, sagt Koautor Shang-Ping Xie von der University of Hawaii in Manoa.
Die Jahresringdaten lieferten auch Informationen darüber, wie der El Niño auf Vulkanausbrüche und die dabei in die Atmosphäre abgegebene Klimagase reagiert: Demnach führen große Eruptionen tropischer Feuerberge im Jahr des Ausbruchs zu einer Abkühlung im Zentralpazifik. Im Jahr darauf aber tritt eine ungewöhnlich starke Erwärmung ein. Auch dies unterstreiche, wie sensibel dieses Klimaphänomen auf Veränderungen der atmosphärischen Bedingungen reagiere, so die Forscher.