Der Fund gelang einem internationalen Astronomenteam um Xavier Bonfils vom Institut de Planétologie et d’Astrophysique de Grenoble durch den scharfen Blick des Planetenjäger-Instruments HARPS der ESO am La Silla-Observatorium in Chile. Im Visier hatten die Forscher den Roten Zwergstern Ross 128. Rote Zwerge zählen zu den kühlsten, lichtschwächsten aber auch häufigsten Sternen im Universum. Um Rote Zwerge lassen sich kühle und erdähnliche Planeten vergleichsweise einfach entdecken. Deshalb nehmen Astronomen mittlerweile diese Sterne besonders intensiv unter die Lupe.
Das Kind eines „sanften“ Roten Zwergs
Allerdings sind viele Rote Zwerge so aktiv, dass sie ihre Planeten immer wieder mit tödlicher Ultraviolett- und Röntgenstrahlung traktieren. Das gilt auch für den mit 4,24 Lichtjahren nächstgelegensten Nachbarstern der Erde: Proxima Centauri. Doch genau diese für die Entwicklung von Leben problematische Eigenschaft scheint Ross 128 nicht zu besitzen, berichten die Forscher: Es handelt sich um einen besonders ruhigen Stern, sodass der nun entdeckte Planet den uns nächsten bekannten angenehmen Ort für mögliches Leben darstellen könnte.
Wie die Forscher betonen, besitzt das System Ross 128 außerdem noch einen weiteren interessanten Aspekt: Es bewegt sich auf uns zu und wird wohl in nur 79.000 Jahren – was auf kosmischen Zeitskalen einem Wimpernschlag gleichkommt – unser engstes Nachbar-Sternsystem werden. Ross 128 b wird somit dann Proxima b als erdnächsten Exoplaneten ablösen.
Ein spannender Kandidat bei der Suche nach Leben
Im Detail zeigen die Daten des HARPS-Instruments, dass Ross 128 b seinen Mutterstern in 9,9 Tagen einmal umkreist und zwar 20-mal enger als die Erde die Sonne. Trotzdem kommt auf dem Planeten nur 1,38-mal so viel Strahlung wie auf der Erde an, denn der Rote Zwerg ist nur etwa halb so heiß ist wie unsere Sonne. Wie die Astronomen berichten, lässt sich dadurch abschätzen, dass die Temperatur auf Ross 128 b zwischen minus 60 und plus 20 Grad Celsius liegt. Zwar betrachten die Wissenschaftler Ross 128 b damit als gemäßigten Planeten, jedoch ist noch nicht ganz sicher, ob der Planet tatsächlich in der habitablen Zone liegt, in der flüssiges Wasser auf der Oberfläche eines Planeten existieren kann.
Auf jeden Fall wird Ross 128 b nun bald ins Visier des neuen Extremely Large Telescope der ESO rücken, sagen die Forscher. Dieses schärfste Auge der Menschheit wird momentan in Chile gebaut und soll in der Lage sein, nach Substanzen in den Atmosphären ferner Planeten zu suchen, die auf die Existenz von Lebensformen schließen lassen. Vielleicht wird dieses Instrument somit eines Tages Licht auf die Frage werfen: Haben auch andere Planeten Leben hervorgebracht?
Video Credit: ESO