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Es gibt Dünen auf dem Pluto

Astronomie|Physik

Es gibt Dünen auf dem Pluto
Plutodünen
Diese Aufnahme der New-Horizons-Raumsonde zeigt die Dünenrippel am Rand des Al-Idrisi-Gebirges (Foto: NASA/Johns Hopkins University APL/ Southwest Research Institute)

Der ferne Zwergplanet Pluto hat schon einige überraschend erdähnliche Merkmale enthüllt. Jetzt haben Forscher ein weiteres entdeckt: Auch auf dem Pluto gibt es Dünen. Sie bilden eine schmale Übergangszone zwischen einem Gebirgszug und der großen Eisebene Sputnik Planitia. Ähnlich wie auf der Erde entstehen diese Dünen durch den Transport und die Ablagerung kleiner Partikel durch den Wind. Allerdings bestehen die Plutodünen nicht aus Sand, sondern höchstwahrscheinlich aus kleinen Methaneis-Körnchen.

Pluto gehört zu den fernsten und eisigsten Außenposten unseres Sonnensystems. Wie es auf diesem Zwergplaneten aussieht, blieb daher lange unbekannt. Erste Nahaufnahmen der Plutooberfläche hat erst der Vorbeiflug der NASA-Raumsonde New Horizons im Juli 2015 geliefert – und für große Überraschung gesorgt. Denn statt einer einförmigen, toten Eisfläche besitzt die Landschaft des Zwergplaneten einige überraschend vielseitige und sogar erdähnliche Merkmale. So gibt es fließende Gletscher, hohe Gebirge und vielleicht sogar Eisvulkane und einen subglazialen Ozean. Überraschend für die Planetenforscher waren auch viele Hinweise darauf, dass sich die Pluto-Oberfläche fortwährend verändert – vermutlich bis heute.

Rätselhafte Rippel

Eine Landschaftsform allerdings gab den NASA-Forschern Rätsel auf. Es handelte sich um einen rund 75 Kilometer breiten Streifen am Übergang von der Ebene Sputnik Planitia zum Gebirgszug Al-Idrisi. In diesem Gebiet zeigten die Aufnahmen der Raumsonde auffallende Rippel in der Eisoberfläche. Diese bildeten parallele Linien, ähnlich den Sandrippeln am Meeresstrand oder den Dünenzügen in vielen irdischen Wüsten. „As wir die Bilder zum ersten Mal sahen, dachten wir sofort, dass dies Dünen sein könnten“, berichtet Co-Autor Jani Radebaugh von der Brigham Young University. „Aber wir wussten, dass Pluto nur eine dünne Atmosphäre besitzt, es war daher wirklich überraschend.“

Auf der Erde entstehen Dünen, wenn der Wind Sandkörnchen in die Höhe reißt, ein Stück mitträgt und dann wieder ablagert. Vor allem der erste Schritt jedoch – das Aufwirbeln der Körnchen – erfordert relativ starke Winde, wie die Forscher erklären. Angesichts der dünnen Gashülle des Pluto erschien es daher zunächst unwahrscheinlich, dass es auf ihm echte Dünen geben könnte. Doch jetzt haben Matt Telfer von der Plymouth University sich die rätselhaften Rippel näher angeschaut und mithilfe eines Modells nach einem Mechanismus gesucht, durch den doch Dünen entstanden sein könnten.

Es zeigte sich: Die Rippel entlang der Al-Idrisi-Berge zeigen fast alle typischen Merkmale von Dünen, wie die Forscher berichten. Die langen, schmalen Erhebungen sind parallel zum Gebirge und zur wahrscheinlich vorherrschenden Windrichtung ausgerichtet. Außerdem werden die Abstände der Rippel größer, je weiter sie von den Bergen entfernt sind. Auf der Eisoberfläche der Sputnik-Planitia-Ebene sind zudem dunkle Streifen zu erkennen, die die Wissenschaftler als Windspuren interpretieren. Zusammen sprechen diese Merkmale dafür, dass es lose Partikel nahe und auf der Oberfläche gibt“, berichten Telfer und seine Kollegen. „Die Windspuren könnten von der Ablagerung solcher feinen, schwebenden Partikel auf der Leeseite von Hindernissen verursacht worden sein.“ Rein äußerlich weisen die rätselhaften Rippel damit alle Merkmale typischer Dünen auf.

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Was bringt die Körnchen in die Höhe?

Doch es blieb ein Problem: Die Winde auf dem Pluto erreichen maximal Geschwindigkeiten von rund zehn Metern pro Sekunde. Wie die Forscher erklären, reicht das zwar aus, um einmal schwebenden Partikel zu transportieren, nicht aber, um sie vom Boden aufzuwirbeln und in die Höhe zu reißen. „Es ist daher auf dem Pluto ein zusätzlicher Prozess nötig, um dies zu gewährleisten“, so die Wissenschaftler. Aus den Daten der Raumsonde New Horizons schließen sie, dass die Dünen aus winzigen, nur rund 200 bis 300 Mikrometer kleinen Körnchen aus Methaneis bestehen müssen. Doch wie kamen diese in die Atmosphäre? Nach Ansicht von Telfer und seinen Kollegen könnte dafür eine Sublimation verantwortlich sein – ein teilweises Verdampfen von gefrorenem Methan. Denn obwohl Pluto extrem weit von der Sonne entfernt ist, reicht ihre schwache Strahlung aus, um an jedem Nachmittag größere Mengen an Methaneis von der Oberfläche der Sputnik-Planitia-Ebene und dem benachbarten Gebirge zu verdampfen. Bei diesem Ausgasen könnten auch viele winzige Methaneis-Körnchen mit in die Höhe gerissen werden. „Die Sublimation liefert uns einen plausiblen Mechanismus für das Anheben der Körnchen“, so die Forscher. Und einmal angestoßen, sei der Windtransport dieser Körnchen unter den Plutobedingungen hochgradig effektiv.

Damit erscheint es zumindest wahrscheinlich, dass auch der eisige, ferne Pluto Dünen besitzt. „Wir wussten schon, dass jeder Himmelskörper im Sonnensystem mit einer Atmosphäre und festen Oberfläche auch Dünen hat“, sagt Telfer. „Aber im Fall des Pluto waren wir uns nicht sicher, ob das möglich ist. Aber jetzt zeigt sich, dass Dünen selbst bei minus 230 Grad und einer sehr dünnen Atmosphäre entstehen können.“ Pluto ist damit einmal mehr erdähnlicher als man es ihm zuvor zugetraut hätte. „Das ist ein weiteres Stück in dem Puzzle dieses vielseitigen und entlegenen Himmelskörpers“, so Telfer.

Quelle: Matt Telfer (Plymouth University, Plymouth) et al., Science, doi: 10.1126/science.aao2975

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