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ESA-Sonde zeigt Sonne aus nächster Nähe

Astronomie|Physik

ESA-Sonde zeigt Sonne aus nächster Nähe
Mini-Flare
UV-Aufnahme eines Miniatur-Flares auf der Sonne (Pfeil) (Bild: Solar Orbiter/EUI Team/ESA & NASA; CSL, IAS, MPS, PMOD/WRC, ROB, UCL/MSSL)

Unsere Sonne gibt Forschern noch immer Rätsel auf – und sorgt immer wieder für Überraschungen. Eine davon enthüllen nun Aufnahmen der europäischen Raumsonde Solar Orbiter. Aus nur 77 Millionen Kilometer Entfernung – so nah wie noch keine Sonde vor ihr – hat sie hochauflösende Bilder der Sonnenoberfläche im UV-Licht erstellt. Die Aufnahmen enthüllen, dass unser Stern von unzähligen Miniatur-Strahlenausbrüchen übersät ist. Diese Flares sind mit einem Durchmesser von 700 Kilometern Millionen Mal kleiner als die von der Erde sichtbaren Ausbrüche, dafür aber omnipräsent. Ihre Entdeckung könnte eine Hypothese bestätigen, nach der solche Nanoflares die Energie für die Heizung der Sonnenkorona liefern.

Obwohl unsere Sonne der uns nächste und bestuntersuchte Stern ist, blieben viele Fragen offen. So ist noch immer unklar, warum die Sonnenkorona – die äußere Atmosphäre der Sonne – so viel heißer ist als die Sonnenoberfläche. Auch die Entstehungsmechanismen des Sonnenwinds und des solaren Magnetfeld sind bislang nur in Teilen aufgeklärt. Zwar hat die im Sommer 2018 gestartete NASA-Raumsonde Parker Solar Probe erste Informationen zu den Quellen des Sonnenwinds geliefert, sie umkreist unseren Stern aber auf einer Flugbahn, die weitgehend dem Sonnenäquator folgt. Was an den Polen der Sonne vor sich geht, ist für sie unsichtbar. Deshalb hat die europäische Raumfahrtagentur ESA im Februar 2020 eine weitere Raumsonde in Richtung Sonne geschickt. Der Solar Orbiter soll im Laufe der nächsten Jahre stark elliptischen, immer stärker zum Sonnenpol hin geneigten Orbits folgen. An ihrem sonnennächsten Punkt wird sie nur noch 42 Millionen Kilometer von der Sonnenoberfläche entfernt sein und in einer um 33 Grad gegen den Äquator geneigten Umlaufbahn kreisen.

UV-Aufnahmen
Nahaufnahmen der Sonne bei 17 Nanometern Wellenlänge. (Bild: Solar Orbiter/EUI Team/ESA & NASA; CSL, IAS, MPS, PMOD/WRC, ROB, UCL/MSSL)

„Lagerfeuer“ auf der Sonne

Seit seinem Start hat der Solar Orbiter bereits die Umlaufbahn der Venus passiert und befindet sich nun etwa auf halbem Wege zwischen Erde und Sonne. Von dieser Position – rund 77 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt – aus hat die Raumsonde die UV-Kamera ihres Extreme Ultraviolet Imager auf die Oberfläche unseres Sterns gerichtet. „Nie sind Aufnahmen der Sonne aus so geringer Entfernung gemacht worden“, sagt ESA-Missionsmitglied David Long vom University College London. „Das Ausmaß der Details, die sie zeigen, ist beeindruckend.“ Die Bilder zeigen, dass die Sonnenoberfläche überall kleine Strahlenausbrüchen aufweist. Die helle Flecken messen kaum mehr als 700 Kilometer im Durchmesser. „Diese Miniatur-Flares sind Millionen Mal kleiner als die Strahlenausbrüche, die wir von der Erde aus sehen können“, sagt Long. „Sie ähneln eher kleinen Lagerfeuern.“ Die Forscher gaben diesem Phänomen daher den Spitznamen „Campfires“.

Noch ist nicht klar, ob diese Mini-Flares nur kleine Versionen der bereits bekannten Strahlenausbrüche sind oder ob sie auf anderen Mechanismen beruhen. Das hoffen die Wissenschaftler im Laufe der Solar-Orbiter-Mission durch Messdaten der Sondeninstrumente herauszufinden. Spannend ist aber schon jetzt, was diese kleinen „Lagerfeuer“ bewirken könnten. „Diese Flares sind für sich genommen völlig unbedeutend, aber wenn man ihren Effekt über die ganze Sonnenoberfläche hinweg zusammennimmt, könnten sie sogar entscheidend für die Heizung der Sonnenkorona sein“, erklärt Frédéric Auchère vom französischen Institut für Astrophysik und Weltraumforschung. Denn die äußere Atmosphäre der Sonne hat eine Temperatur von mehr als eine Million Grad Celsius und ist damit um ein Vielfaches heißer als die „nur“ gut 5000 Grad heiße Oberfläche der Sonne.

Triebkaft für Heizung der Korona?

Die neuen Aufnahmen der „Lagerfeuer“ könnten nun eine Hypothese dazu bestätigen. Nach dieser sorgen unzählige kleine Ausbrüche innerhalb der Magnetfeld-Schleifen für die nötige Energie. „Es ist noch zu früh für definitive Aussagen, aber wir hoffen, dass wir durch die Verbindung dieser Beobachtungen mit Messungen unserer anderen Instrumente, die den Sonnenwind erkunden, wenn er die Raumsonde passiert, einige dieser Rätsel lösen können“, so Yannis Zouganelis, stellvertretender ESA-Projektwissenschaftler für den Solar Orbiter. Neben der UV-Kamera des Solar Orbiter haben auch die wissenschaftlichen Instrumente der Raumsonde bereits erste Daten gesammelt. Eines davon ist das am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung entwickelte Doppelteleskop PHI (Polarimetric und Helioseismic Imager). „Die magnetischen Strukturen an der Oberfläche der Sonne, die PHI sichtbar macht, sind die treibende Kraft hinter allen Prozessen, die Solar Orbiter in den äußeren Sonnenschichten beobachtet“, erklärt Sami Solanki, leitender Wissenschaftler des PHI. Der PHI hat bereits eine aktive Region auf der Oberfläche der Sonne näher abgebildet.

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„Wir freuen uns alle sehr über diese ersten Aufnahmen – aber sie sind erst der Anfang“, sagt Müller. „Der Solar Orbiter befindet sich auf einer großen Reise durch das innere Sonnensystem und wird der Sonne in weniger als zwei Jahren noch sehr viel näher kommen.“

Quelle: ESA, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung

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