Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre steigt nicht erst seit ein paar Jahrzehnten an, sondern seit über 6.000 Jahren. Eine häufig zitierte Vermutung über die Ursache dieses Anstiegs kann jetzt definitiv ausgeschlossen werden: Brandrodung und Ackerbau durch die Steinzeitmenschen waren nicht verantwortlich dafür, haben Forscher der Universität Bern und vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven nun herausgefunden. Ihre Informationen entnehmen sie Eisbohrkernen aus der Antarktis, welche über Jahrtausende winzige Luftbläschen eingeschlossen haben und so ermöglichen, die Zusammensetzung der Atmosphäre in verschiedenen Zeitperioden zu rekonstruieren. Die Gase aus dem ewigen Eis bringen nun Klarheit in die heftig diskutierte Debatte, wer oder was den steinzeitlichen CO2-Anstieg verursacht hat: Es waren nicht die Menschen, sondern vermutlich Prozesse in den Ozeanen.
Verschiedene Elemente des Kohlenstoffkreislaufes wie Landnutzung, die Biosphäre oder die Ozeane hinterlassen eine eindeutige Spur aus Kohlenstoffisotopen in der Atmosphäre. Isotope sind Atome des gleichen Elements mit unterschiedlicher Masse. Je nachdem, welche Prozesse den Kreislauf zu einer bestimmten Zeit dominierten, speichert das Eis der Polarregionen unterschiedlich zusammengesetzte Gase. Mit hochsensiblen Messgeräten können die Forscher diese bestimmen und so die Klimageschichte über tausende von Jahren rekonstruieren.
Das Team um Thomas Stocker aus Bern untersuchte nun die Atmosphärenzusammensetzung des Holozäns ? dem Zeitalter seit dem Ende der letzten Eiszeit vor 11.000 Jahren ? anhand eines Bohrkerns, den die Wissenschaftler in 100 bis 400 Metern Tiefe aus dem antarktischen Eis gezogen hatten. Ihre Resultate bestätigen, dass die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre zwar zunächst sank, aber seit 6.500 Jahren bis in die Neuzeit leicht und kontinuierlich anstieg. Die Industrialisierung vor rund 200 Jahren markiert den Zeitpunkt, ab welchem der Kohlendioxidgehalt in größerem Maße zunimmt. Während sich die Wissenschaftler über den Zusammenhang zwischen industrieller Revolution und CO2-Ausstoß einig sind, blieben sie bisher eine Erklärung schuldig, was den CO2-Gehalt während der Steinzeit ansteigen ließ. Nun ist zumindest eines klar: ?Nach unserer Untersuchung sind Thesen, wonach der frühe CO2-Anstieg auf den Menschen zurückzuführen ist, unhaltbar?, erklären die Forscher.
Die sich ausdehnende Biosphäre nach der letzten Eiszeit sei für die leichte CO2-Abnahme zu Beginn des Holozäns verantwortlich. Als sich damals die Polkappen und Gletscher zurückzogen, konnten Pflanzen immer größere Gebiete erobern und Kohlenstoff speichern. Dadurch sank der CO2-Gehalt der Atmosphäre. Die Forscher vermuten, dass Prozesse in den Meeren die CO2-Konzentration 5.000 Jahre später wieder ansteigen ließen. Sie wollen nun genauere Modelle dieser Prozesse entwickeln, um die Daten besser auswerten zu können.
Joachim Elsig ( Oeschger-Zentrum der Universität Bern) et al.: Nature, Bd. 461, S. 507 ddp/wissenschaft.de – Martina Bisculm