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Junge Vulkane auf dem Mond?

Astronomie|Physik

Junge Vulkane auf dem Mond?
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Gesteinsformationen in der Nähe des Aristarchus-Kraters, darunter sind auch irreguläre Mareflecken (NASA)
Der Mond gilt als eine kalte Welt: Die einstige Gluthitze seines Inneren ist längst erloschen, einen aktiven Vulkanismus gibt es schon seit knapp einer Milliarde Jahren nicht mehr – so jedenfalls die gängige Lehrmeinung. Doch deutsche und US-amerikanische Planetenforscher haben nun auf dem Erdtrabanten Indizien für sehr viel jüngere Vulkanausbrüche gefunden. Demnach sind kleinere Erhebungen aus erstarrter Lava in den Mondmaren ihren Berechnungen nach maximal 100 Millionen Jahre alt. Sollte sich dies bestätigen, müsste das Mondinnere sehr viel langsamer abgekühlt sein als bisher angenommen.

Dass der Mond einst vulkanisch enorm aktiv war, ist auch heute noch nicht zu übersehen: Die gewaltigen dunklen Mare auf der uns zugewandten Mondseite bestehen komplett aus erkalteter Basaltlava. Vor 3,9 bis 3,1 Milliarden Jahren ergoss sich diese damals glutflüssige Schmelze in die Senken, die die Einschläge großer Meteoriten hinterlassen hatten oder strömten aus Rissen in der erstarrten Mondkruste. Der dunkle Basalt dieser Urzeitlava verleiht den Maren ihre typische Farbe und relativ glatte Oberfläche. Doch das Magmareservoir im Mondmantel kühlte im Laufe der Zeit immer weiter ab – auch weil der Mond zu klein ist, um in seinem Inneren von selbst ausreichend Hitze zu erzeugen. Nach gängiger Lehrmeinung erlosch daher die letzte vulkanische Aktivität spätestens vor rund einer Milliarde Jahren.

Allerdings: Es gibt inzwischen einige wenige Hinweise darauf, dass es auch nach dieser Zeit noch Vulkan gegeben haben könnte. So belegten Planetenforscher im Jahr 2011 anhand von Aufnahmen der NASA-Raumsonde Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO), dass einige Vulkanformationen auf der lunaren Rückseite erst vor rund 800 Millionen Jahren entstanden sein könnten. Indizien dafür waren die chemische Zusammensetzung des Gesteins und das fast vollständige Fehlen von Einschlagskratern auf ihrer Oberfläche. Doch es gibt noch weitere Formationen auf der Mondoberfläche, die für Rätselraten sorgen: Auf der dunklen, ebenen Fläche vieler Mondmare finden sich sogenannte irreguläre Mareflecken (Irregular Mare Patche, IMPs), wie Sarah Braden von der Arizona State University in Tempe und ihre Kollegen berichten. Sie haben einen Durchmesser von 100 bis 5.000 Metern und bestehen aus einem unebenen, von Blöcken übersäten Terrain, das von glattem, gerundetem Basaltgestein überlagert wird.

Vulkanisch und erstaunlich jung

Das Auffallende daran: Diese irregulären Mareflecken tragen deutlich weniger Einschlagskrater als die umgebenden Gebiete. Das Alter und die Entstehung dieser Formationen waren jedoch bisher unklar. Braden und ihre Kollegen haben nun 70 dieser Mareflecken anhand der Aufnahmen des Lunar Reconnaissance Orbiter genauer untersucht. Zunächst analysierten sie die Form und Struktur der Flecken. “Die glatten Gesteinsformationen besitzen rundlich gelappte Ränder und fallen zur Umgebung steil ab”, berichten die Forscher. Sie ähneln damit stark den Rändern von Lavaströmen an irdischen Vulkanen. “Das spricht dafür, dass zumindest einige dieser irregulären Mareflecken bei vulkanischen Eruptionen entstanden.”

Aber wann fanden diese Vulkanausbrüche statt? Um dies zu klären, ermittelten die Forscher für drei gut sichtbare und typische Mareflecken die Kraterdichte auf ihrer Oberfläche und verglichen diese mit anderen jungen lunaren Formationen und Modellen der zeitabhängigen Kraterhäufigkeit. Wie sich zeigte, besitzen die Mareflecken dabei eine ähnliche Kraterdichte wie Formationen, die erst rund 50 bis 100 Millionen Jahre alt sind.  Ein weiteres Indiz für das geringe Alter der Mareflecken fand sich in der Nähe des Aristarchuskraters: Die gelappten Basalte eines Marefleckens überlagerten dort die Auswurftrümmer des rund 150 Millionen Jahre alten Einschlagskraters. “Die Position und Überlagerung dieses Marefleckens deuten daher auf ein Alter jünger als der Aristarchuskrater hin”, schlussfolgern Braden und ihre Kollegen.

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Sind die Mareflecken tatsächlich erst vor 100 Millionen Jahren und weniger entstanden, dann wirft dies auch ein ganz neues Licht auf die vulkanische Geschichte des Erdtrabanten. Denn dann muss sein Mantel langsamer abgekühlt und deutlich länger heiß geblieben sein als bisher angenommen. “Es muss noch genügend Hitze vorhanden gewesen sein, um zumindest diese kleinen, volumenarmen Eruptionen noch bis in das späte Kopernikanische Zeitalter zu ermöglichen”, so die Forscher. Ob das Mondinnere tatsächlich an einigen Stellen noch so lange glutflüssig blieb, könnten zukünftige Mondmissionen zeigen, die Gesteinsproben zurück zur Erde bringen. Erst sie ermöglichen eine eindeutigere Datierung. Die spannende Frage, wann der letzte Mondvulkan ausbrach, wird daher wohl noch eine Weile im Ungewissen bleiben.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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