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Klebfalle im Bernstein

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Klebfalle im Bernstein
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Blatt der fleischfressenden Pflanze Roridula im Bernstein (Alexander R. Schmidt, Universität Göttingen)
Fossilien fleischfressender Pflanzen sind eine echte Rarität. Sie sind sogar so selten, dass bisher nicht ein einziges Relikt einer pflanzlichen Insektenfalle bekannt war. Doch ein Stück baltischen Bernsteins hat dies nun geändert. In dem 35 bis 47 Millionen Jahre alten Baumharz haben Forscher zwei mit Drüsen bedeckte Blättchen der fleischfressenden Pflanze Roridula entdeckt. Ihre Besonderheit: Sie fing Insekten mit klebrigen Tentakeln, überließ das Verdauen aber ihren tierischen Helfern.

Normalerweise erledigen fleischfressende Pflanzen alles selbst: Sie fangen ihre Beute mit Fallen oder Kleb-Tentakeln ein, sondern Verdauungsenzyme ab und verdauen die Beute, um an die wertvollen Nährstoffe zu gelangen. Doch die heute nur in Südafrika vorkommende Taupflanze Roridula fällt aus dem Rahmen: Sie ernährt sich nicht direkt von den von ihr gefangenen Insekten, sondern kultiviert eine für beide Seiten vorteilhafte “Ess-Gemeinschaft” mit einer Weichwanzenart. Landet ein nichtsahnendes Insekt auf den Blättern der Taupflanze, verheddert es sich zunächst in den längsten, sehr flexiblen Tentakeln von Roridula. Dann bleibt es an den mittleren klebrigen Tentakeln hängen und die kürzesten, steifsten Härchen machen es endgültig bewegungsunfähig. Nun schlägt die Stunde der Wanzen: Weil Roridula keine Verdauungsenzyme produziert, lässt die Pflanze ihre Mitbewohner die Beute verzehren und so quasi die Verdauungsarbeit leisten. Sie profitiert dafür vom nährstoffreichen Kot der Wanzen.

Verräterische Kleb-Tentakel

Zwei Blättchen eines urzeitlichen Vertreters dieser ungewöhnlichen Pflanze haben Forscher nun in einem Stück Bernstein aus einem Tagebau bei Kaliningrad in Russland entdeckt. In dem 35 bis 47 Millionen Jahre alten Bernstein fanden sich zwei schmale, knapp fünf Millimeter lange Blättchen, die dicht mit dünnen Borsten besetzt waren. Bei näherem Hinsehen entpuppten sie sich als Drüsenhaare. “Auffällig sind die mehrzelligen Drüsen mit langem Stiel, die sogenannten Tentakeln, die die Blattunterseite und die Blattränder der Fossilien bedecken”, erläutert Erstautorin Eva-Maria Sadowski von der Universität Göttingen. Anhand der Ausprägung dieser Tentakel und weiterer morphologischer Details konnten die Forscher diesen Fund der Roridula-Pflanze zuordnen.

“Dieses Fossil aus baltischem Bernstein ist unseres Wissens nach das älteste dokumentierte Fossil einer fleischfressenden Pflanzenfalle”, konstatieren die Forscher. Bisher beschränkte sich der fossile Nachweis fleischfressender Pflanzen auf Samen und Pollen von Sonnentaugewächsen. Der Fundort dieser heute nur in Südafrika heimischen Pflanzengattung gibt allerdings einige Rätsel auf, wie die Wissenschaftler erklären. Denn bisher nahm man an, dass die Vorfahren von Roridula vor rund 90 Millionen Jahren auf dem afrikanischen Kontinent entstanden waren, auf der Nordhalbkugel also nie vorkamen. Das Bernsteinfossil belegt aber nun eindeutig, dass diese fleischfressende Pflanze einst auch die nährstoffarmen Küstenböden im Baltikum besiedelte. Demnach müssen die Vorfahren der heutigen Roridula-Pflanzen einst weiter verbreitet gewesen sein als man bisher annahm. Zumindest vor 35 bis 47 Millionen Jahren gab es sie offensichtlich noch auf der Nordhalbkugel. Warum sie von dort verschwanden, ist aber noch ungeklärt.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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