In einem zweiten Modell namens „Frigid Faithful“ bilden Wasser und die anderen Gase sogenannte Klathrate. Käfige aus Wassereis schließen die Gasmoleküle ein, und wenn Spalten auf Enceladus durch tektonische Prozesse aufreißen, löst sich die Käfigverbindung auf und Wasserdampf und die Kohlenstoff-Verbindungen schießen ins All. Flüssiges Wasser ist in diesem Modell nicht notwendig, um die Beobachtungen von Cassini zu erklären.
Wie Kieffer und Jakosky schreiben, ist es also nicht nur fraglich, ob flüssiges Wasser vorhanden ist, sondern auch, ob in Enceladus Eiskruste die richtige Mischung von chemischen Elementen aufeinandertrifft, um komplexe Bio-Moleküle entstehen zu lassen. Schon das gemeinsame Vorkommen von Wasser und Methan, Stickstoff und Kohlenmonoxid ist ihrer Meinung nach zweifelhaft. Substanzen wie Schwefel, Phosphor und Eisen, die auf der Erde ebenfalls eine wichtige Rolle für die Biologie spielen, kommen wahrscheinlich nur im Gesteinskern des Mondes vor. Der ist aber wahrscheinlich unter einer mehr als hundert Kilometer dicken Eiskruste verborgen.
Wo die nötige Energie für biochemische Reaktionen herkommen soll, ist den Forschern ebenfalls schleierhaft. An den Geysiren wird zwar eine gewaltige Wärmemenge in der Größenordnung mehrerer Megawatt verschleudert. Kieffer und Jakosky weisen aber darauf hin, dass Lebewesen Wärmeenergie nicht direkt nutzen können. Zudem sei die warme Zone wahrscheinlich sehr klein. Die Temperaturen in der Nähe der Geysire liegen bei minus 90 Grad Celsius, fallen aber schon bald um weitere hundert Grad ab. Wiederum könnten Gesteine einen Ausweg bieten: In einer Umwelt, in der Gestein, flüssiges Wasser und reaktionsfreudige chemische Elemente aufeinandertreffen, können zumindest Mikroben auf der Erde auch völlig unabhängig vom Sonnenlicht überleben.