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Mathe mit 7-Meilenstiefeln

Astronomie|Physik

Mathe mit 7-Meilenstiefeln

Wenn ich an die Zahl 7 denke, fallen mir sofort Märchen ein: Die 7 Zwerge hinter den 7 Bergen, die mit 7 Löffelchen von 7 Tellerchen essen und in ihren 7 Bettchen schlafen. Auch die 7 Geißlein kommen mir in den Sinn, und begeistert bin ich von der Vorstellung der 7-Meilenstiefel.

Spielt die 7 nur in der Märchenwelt eine Rolle, oder kommt sie auch „natürlich“ vor? Man denke an die 7 Tage der Woche, die unerschütterlich festzustehen scheinen. Dabei ist die Wocheneinteilung viel weniger als das System der Tage und Jahre durch astronomische Daten bestimmt. Klar könnte man sagen: Ein Mondzyklus hat 28 Tage, und lässt sich gut in 4 Wochen mit je 7 Tagen einteilen. Allerdings dauert ein Mondzyklus etwa 29,5, also fast 30 Tage, und daher wäre auch eine 5- oder 6-Tagewoche möglich. Die 7-Tagewoche wurde aufgrund der jüdisch-christlichen Überlieferung durchgesetzt. Naturgegeben ist die Einteilung also nicht. Auch bei den Pflanzen findet man kaum die Zahl 7. Die 6 sehen wir an vielen Blüten und Blättern, die 5 noch viel häufiger. Aber die 7?

Mathematisch gesehen ist die 7 eine Zahl voller Geheimnisse. 7 ist ungerade, sie ist eine Primzahl – eine natürliche Zahl, die außer durch 1 nur durch sich selbst teilbar ist – und zwar eine ganz besondere: Es gilt nämlich 7 = 8 – 1. Nun denken Sie vielleicht, das ist eine langweilige Gleichung. Sie ist aber interessant, wenn wir die 8 als 23, also 2 mal 2 mal 2 schreiben. Dann lautet die Gleichung 7 = 23 – 1.

Für den Mathe-Fan stellt sich gleich die Frage: Kann man andere Primzahlen auch als eine Zweierpotenz minus 1 darstellen? In mathematischer Sprache ausgedrückt: Wann ist 2n – 1 eine Primzahl? Die Antwort: Für n = 2 ergibt sich 22 – 1 = 3, eine Primzahl. Den Fall n = 3 hatten wir schon. Wenn wir n = 4 ausprobieren, ergibt sich 24 – 1 = 16 – 1 = 15, und das ist keine Primzahl. Bei n = 5 klappt es wieder: 25 – 1 = 32 – 1 = 31, eine Primzahl.

Wir beobachten zweierlei: Zum einen entstehen nicht alle Primzahlen auf diese Weise. Zum Beispiel kann man 5 nicht in dieser Form darstellen. Zum anderen ergeben nicht alle n eine Primzahl. Tatsächlich muss auch n eine Primzahl sein, damit die Formel 2n – 1 eine Primzahl ergibt. Zum Beispiel ist 1020 – 1 keine Primzahl. Denn 1020 – 1 können wir mit der dritten binomischen Formel schreiben als (1010 – 1)(1010 + 1). Auch ohne das auszurechnen, sehen wir, dass dies ein Produkt von zwei Zahlen ist. Die Primzahlen dieser Form heißen Mersenne-Primzahlen. Die 7 ist also die zweite Mersenne-Primzahl. Diese Zahlen gehen auf den französischen Theologen und Mathematiker Marin Mersenne (1588 bis 1648) zurück, der vermutete, dass jede Zahl der Form „zwei hoch Primzahl minus eins“ eine Primzahl ist. Das ist zwar nicht richtig, aber die jeweils aktuellen Weltrekord-Primzahlen sind Mersenne-Primzahlen. Der derzeitige Rekord wird von der 9 808 358-stelligen Zahl 232 582 657 – 1 gehalten. Doch für mich persönlich ist für die Bedeutung der Zahl 7 nicht die Gleichung 7 = 8 – 1 entscheidend, sondern die genauso banale Gleichung 7 = 6 + 1. Ich interpretiere diese Gleichung so: Die 6 ist eine runde Sache, ein halbes Dutzend, eine Einheit, 6 ist 3 mal 2. Das hat etwas Abgeschlossenes. Die Sechs protzt: „Habe fertig.“ Aber die 7 fährt dazwischen und kräht: „Nein, das glaubst du nur. Aber ich bin auch noch da, und ich bin größer als du!“

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Die 7 sprengt den Rahmen, sie tanzt aus der Reihe, sie ist etwas Besonderes. Die Endlichkeit und Abgeschlossenheit der 6 ist ihr egal. Die 7 überwindet die biedere Halbe-Dutzend-Welt. Und obwohl nur 1 dazukommt, ist zu spüren: 7 ist viel größer als 6. Ein kleiner Schritt beim Zählen, aber ein großer Schritt bei der Wirkung! Deshalb die vielen Geißlein, die viele Zwerge – und deshalb die riesigen 7-Meilenstiefel.

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