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Merkurs unerwartete Eigenheiten

Astronomie|Physik

Merkurs unerwartete Eigenheiten
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Spinne ohne Netz: Mitten im Caloris-Becken befindet sich ein merkwürdiges Gewirr aus Gräben, das in einen 40 Kilometer großen Krater mündet. Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington
Die Raumsonde Messenger hat bei ihrem Vorbeiflug am 14. Januar genau 1.213 Bilder vom Planeten Merkur aufgenommen. Die erste Analyse der Bilder stellten die beteiligten Wissenschaftler am Mittwoch auf einer Pressekonferenz vor. Die Aufnahmen belegen erstmals, dass Merkur in seiner Jugend vulkanisch aktiv war und dass er dem Mond noch weniger ähnelt, als die Planetenforscher bislang dachten.

“Wir sehen jetzt einen völlig anderen Planeten als vor dreißig Jahren”, sagte Robert Strom von der University of Arizona, der schon an der ersten Merkur-Mission Mariner-10 in den 1970er Jahren beteiligt war. Die größte Überraschung auf den neuen Bildern war eine merkwürdige Landschaftsform inmitten des Caloris-Beckens, die die Forscher “Spinne” nannten. Mehr als hundert flache Gräben bewegen sich wie Strahlen von einem 40 Kilometer großen Meteoritenkrater weg. Die Forscher vermuten, dass es sich um Dehnungsrisse handelt. Wie sie entstanden sind, ist aber ein Rätsel. Nirgendwo im Sonnensystem gibt es ein ähnliches Gebilde.

Über das riesige Caloris-Becken ? einen der größten Krater des Sonnensystems, den Mariner-10 vor 33 Jahren nur halb fotografierte ? brachte der Vorbeiflug ebenfalls neue Erkenntnisse. Aus der Zahl kleiner Krater, die sich innerhalb des Beckens befinden, ließ sich sein Alter auf 3,8 oder 3,9 Milliarden Jahre bestimmen. Es entstand demnach während eines heftigen Meteoritenhagels, des so genannten “Late Heavy Bombardment”, als auch der Mond von mehreren riesigen Meteoriten getroffen wurde. Anders als die Maria auf dem Mond, die sich nach den Einschlägen mit dunklem Basalt aus dem Inneren füllten, ist das Caloris-Becken allerdings heller als die Umgebung. Das Messenger-Team rätselt noch, ob es sich um Gestein handelt, das durch den Einschlag aus der Tiefe nach oben befördert wurde, oder um Lava, die aus den Tiefen des Merkur-Mantels nach oben floss. Den Durchmesser des Beckens revidierten die Forscher von 1.300 auf 1.550 Kilometer.

Obwohl Merkur auf den ersten Blick dem nur wenig kleineren Erdmond ähnelt, zeigen die Bilder, dass die beiden Himmelskörper ansonsten nur wenig gemein haben. Schon Merkurs Krater sehen anders aus. Da Merkur eine relativ hohe Dichte besitzt, ist seine Schwerkraft viermal so groß wie die des Mondes. Die Anziehungskraft zieht ausgeworfenes Gestein daher schneller wieder zurück zur Oberfläche. Dementsprechend entdeckte das Messenger-Team eine Reihe sogenannter sekundärer Krater, die von herabfallenden Trümmern eines größeren Einschlags erzeugt wurden.

Das Magnetfeld des Planeten hat sich seit der Begegnung mit Mariner-10 kaum in seiner Stärke verändert. Die Messenger-Daten belegen nun erstmals, dass es die Form eines Dipols hat. Erst weitere Messungen während der kommenden Vorbeiflüge und der einjährigen Mission in der Umlaufbahn können aber wahrscheinlich das Rätsel lösen, wie das Feld im Inneren des kleinen Planeten erzeugt wird.

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Insgesamt zeigte sich der wissenschaftliche Projektleiter, Sean Solomon von der Carnegie Institution in Washington, sehr zufrieden mit dem Manöver. “Die Begegnung war nahezu perfekt, und wir sind froh, dass wir inzwischen alle Daten auf der Erde haben”, sagte der Forscher. Er und seine Kollegen fiebern nun dem nächsten Vorbeiflug am 6. Oktober 2008 entgegen. Dann wird endlich der Blick auf die letzten weißen Flecken der Merkur-Oberfläche frei. Ein Viertel des Planeten ist bislang noch völlig unbekannt.

Ute Kehse
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