Der Saturnmond Titan ist und bleibt eine rätselhafte Welt. Bei Temperaturen um minus 180 Grad Celsius ist die Oberfläche aus Wassereis hart wie Stein. Doch der Eismond ist der Erde dennoch seltsam ähnlich: Flusstäler schlängeln sich durch Hügellandschaften, am Fuß der Berge bilden sich ausgedehnte Sedimentfächer, ein Dünengürtel überzieht den Äquator. Die Ursache für die vertrauten Landschaftsformen sind häufige Platzregen aus dem Kohlenwasserstoff Methan, berichtete der Planetenforscher Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt auf der Tagung der European Geosciences Union in Wien.
Die Stürme auf dem Saturnmond Titan haben es in sich: Bis zu 80 Millimeter Niederschlag pro Stunde können Modellen zufolge auf den eisigen Untergrund des zweitgrößten Trabanten des Sonnensystems prasseln. Wenn ein solcher Sturm fünf bis acht Stunden dauert, kommen dabei 110 Kilogramm flüssiges Methan pro Quadratmeter herunter, sagte Jaumann.
Nur durch häufige Methan-Platzregen ließen sich die beobachteten Erosionsraten von 0,5 bis 15 Millimeter pro Stunde erklären, so der Forscher. Jaumann zeichnete das Bild einer Welt, in der katastrophale Methan-Sturzfluten tiefe Rinnen in die aus Wassereis bestehende Oberfläche des Mondes graben.
Das dabei abgetragene Material sammelt sich in gewaltigen Sedimentfächern an der Grenze zwischen hochgelegenen Gebieten und dem Flachland. Solche Sedimentfächer, die teilweise eine Fläche von mehreren zehntausend Quadratkilometern einnehmen, sind auf Aufnahmen der Raumsonde Cassini zu erkennen. Die feinen Eiskörnchen, die sich in den Sedimentfächern ablagern, verhalten sich ähnlich wie Sandkörner auf der Erde, sie werden zum Beispiel vom Wind mitgerissen. Jaumann zufolge sind sie die Quelle der ausgedehnten Dünenlandschaften, die am Äquator von Titan zu finden sind.
Ralf Jaumann (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Berlin) et al.: Vortrag auf der Tagung der European Geosciences Union in Wien, 15. April 2008 Ute Kehse