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Mikroorganismen der ersten Stunde

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Mikroorganismen der ersten Stunde
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Fossile Bakterien, gefunden in 3,4 Milliarden Jahren altem Sandstein in Australien haben sich von Schwefel ernährt. Foto: David Wacey
Wissenschaftler um den Briten Martin Brasier haben möglicherweise Überreste der ältesten Lebewesen der Welt gefunden: Sie stammen aus dem Westen Australiens aus einer Gesteinsformation, die vor etwa 3,4 Milliarden Jahren ein Strand gewesen sein könnte. Identifiziert haben die Forscher die mutmaßlichen Bakterien vor allem anhand von schwefelhaltigen Kristallen, die sich rund um die zellartigen Gebilde befinden ? nach Ansicht der Wissenschaftler ein klares Indiz dafür, dass die Bakterien ihre Energie aus der Reduktion von Schwefelverbindungen bezogen. Zwar gibt es bereits ältere Funde, die eine Zeitlang als die ältesten fossilen Zellen galten, bei den meisten von ihnen kamen jedoch nach einiger Zeit begründete Zweifel daran auf, dass die Strukturen tatsächlich auf biologische Organismen zurückgehen.

Im Jahr 2002 sorgte der Paläontologe Martin Brasier für Furore in der Welt der Wissenschaft: Er zweifelte die bis dahin etablierte These an, in Australien gefundene, über drei Milliarden alte Fossilien seien die älteste bekannte Form des Lebens. Der Brite sieht in den mikroskopisch kleinen Funden Strukturen, die durch mineralische Prozesse entstanden, und spaltete mit dieser Interpretation die Mikrobiologen in zwei Lager.

Jetzt untermauert der an der Universität Oxford tätige Brasier seine These durch neue Forschungsergebnisse. Bei der Untersuchung einer der ältesten Gesteinsformationen der Erde, der Strelley Pool Formation im Westen Australiens, hat das Team um Brasier nun Strukturen entdeckt, die tatsächlich auf bakterielle Zellen hinweisen. Vor allem Form und Struktur der etwa 3,4 Milliarden Jahre alten Fossilien gleichen denen heute bekannter Bakterien: Im Gegensatz zu anorganischen Strukturen sind die mutmaßlichen Zellwände alle gleich dick, und auch die Form der einzelnen Zellen ? ermittelt über 3D-Aufnahmen ? passt ins Bild. Der Kohlenstoffgehalt und die Art der Zellkolonien in Form von Klumpen und Ketten sind ebenfalls charakteristisch für Bakterien. Das wichtigste Indiz für mikrobielles Leben sehen die Wissenschaftler jedoch in winzigen Eisensulfid-Kristallen, im Volksmund als Katzengold bekannt. Diese Pyrit-Kristalle befinden sich in und um die Zellen herum. Für die Forscher ein eindeutiges Anzeichen für die Energiegewinnung aus Schwefel ? die Bakterien reduzierten ihrer Ansicht nach Sulfate zu Sulfid, also Schwefelwasserstoff und seinen Salzen. Bakterien, die diese Energiequelle nutzen, leben auch heute noch ? wie ihre urzeitlichen Verwandten ? einige Zentimeter unter der Oberfläche von Sandstränden und bilden dort einen dünnen, schwarzen Teppich.

Die Verwendung von Schwefelverbindungen für die Energiegewinnung bei den frühen Bakterien ist allerdings eine Überraschung, denn Forscher nahmen lange an, dass die ersten Lebewesen fotosynthetisch lebten. Doch zu Lebzeiten der untersuchten Bakterien war die Erde noch um einiges heißer als heute: Die vulkanische Aktivität war deutlich stärker, es existierten noch keine Kontinente, sondern lediglich Inseln, und der Ozean hatte eine Temperatur von 40 bis 50 Grad Celsius. Algen und Pflanzen, die Sauerstoff produzierten, gab es noch nicht. Aus diesem Grund sind die winzigen Fossilien wohl auch vergleichsweise gut erhalten ? die sauerstoffarme Umgebung sicherte ihr Bestehen.

Die belgische Paläobiologin Emmanuelle Javaux sieht in der Herangehensweise, die Prozesse der Organismen in den Mittelpunkt zu stellen, eine geeignete Methode, mikrobielles Leben nachzuweisen. ?Es scheint sich tatsächlich um echte Mikroorganismen zu handeln.” Doch sie gibt auch zu Bedenken: “Die Zukunft wird zeigen, ob diese Vermutung stimmt.? Auf jeden Fall sieht sie in dem Verfahren eine Möglichkeit, ähnliche Lebensformen beispielsweise auf dem Mars zu identifizieren. Vergleichbare Funde auf der Erde sind eher unwahrscheinlich, da derart altes Sedimentgestein äußerst selten ist.

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David Wacey (University ofWestern Australia, Crawley) et al.: Nature Geoscience, doi: 10.1038/NGEO1238 wissenschaft.de ? Marion Martin
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