Seit einigen Jahren haben Molekularbiologen daher versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Sie bestimmen die Mutationsrate einiger Gene, kalibrieren diese Uhr mit Hilfe von Fossilien und berechnen daraus, wann der letzte gemeinsame Vorfahr von zwei Arten gelebt hat. Bislang kamen dabei jedoch Zahlen heraus, die weit vom Alter der Fossilien abwichen. So soll eine entscheidende Verzweigung im Stammbaum der Tiere, bei der sich unter anderem die Vorfahren von Menschen und Fruchtfliegen auseinander entwickelten, einigen Studien zufolge 1.200 Millionen Jahren alt sein. Die ersten Fossilien, die auf eine nennenswerte Ausbreitung höherer Tiere hindeuten, stammen aber erst aus dem Erdzeitalter Kambrium, das vor 543 Millionen Jahren begann.
Douzery und seine Kollegen haben jetzt eine neue, wie sie sagen, „entspannte“ molekulare Uhr entwickelt. Sie gehen dabei nicht davon aus, dass die Mutationsraten bei allen Arten während aller Zeiten gleich hoch sind, sondern kalibrieren die Uhren bei Pflanzen, Pilzen, Tieren und Einzellern anhand unterschiedlicher Fossilien. Außerdem verwendeten sie mehr als hundert Proteine von 36 Arten für Ihre Analyse.
Mit dieser Methode, die sie in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences vorstellen, kommen sie zu erheblich jüngeren Daten für einige der wichtigsten Gabelungen in der Geschichte des Lebens. Demnach entstanden die Pflanzen vor 1.010 Millionen Jahren. Pilze und Tiere trennten sich vor 984 Millionen Jahren, die Mensch-Fruchtfliegen-Verzweigung wird auf 695 Millionen Jahre datiert. Damit sind die molekularen Daten zwar immer noch älter als die Fossilien. Das sei aber nicht verwunderlich, schreiben die Forscher, da die Fossilien ja erst einige Zeit nach der genetischen Spaltung die Entstehung einer neuen Art anzeigen.
Nur im Fall der Rotalgen ergibt die „entspannte“ molekulare Uhr ein jüngeres Entstehungsdatum, als durch Fossilien gesichert ist. Solche Widersprüche, schreiben die Forscher, müssen in weiteren Studien noch ausgeräumt werden.