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Naher Roter Zwerg hat zwei Supererden – mindestens

Astronomie|Physik

Naher Roter Zwerg hat zwei Supererden – mindestens
Gliese 887
Diese Illustration zeigt den Roten Zwerg Gliese 887 und seine zwei Planeten. (Bild: Mark Garlick)

Astronomen haben schon Dutzende Exoplaneten um Rote Zwergsterne entdeckt – auch in unserer kosmischen Nachbarschaft gibt es einige davon. Jetzt ist ein Planetensystem um den knapp elf Lichtjahre entfernten Roten Zwerg Gliese 887 dazugekommen. Er ist der hellste am Himmel sichtbare Stern dieser Klasse. Wie die Astronomen herausfanden, wird er von zwei, vielleicht sogar drei Supererden umkreist. Die beiden inneren Planeten sind zwar etwas zu warm für die habitable Zone. Weil ihr Stern aber für einen Roten Zwerg ungewöhnlich ruhig und inaktiv ist, schließen die Forscher nicht aus, dass zumindest der zweitinnerste Planet, GJ 887c, eine Atmosphäre und vielleicht sogar Leben aufweisen könnte.

Rund drei Viertel der Sterne in unserer Milchstraße sind Rote Zwerge – kleinere, kühlere Verwandte unserer Sonne. Die meisten der sogenannten Klasse-M-Sterne haben nur rund ein Zehntel der Sonnenmasse und wegen der langsamer ablaufenden Wasserstofffusion in ihrem Kern haben sie nur bis zu fünf Prozent ihrer Leuchtkraft. Aber auch um diese Zwerge gibt es Planeten – und das sogar reichlich. Astronomen schätzen, dass in der Milchstraße mehrere zehn Milliarden potenziell lebensfreundlicher Gesteinsplaneten im Orbit um Rote Zwerge existieren. Rund 40 Prozent davon könnten in der habitablen Zone kreisen – dem Abstand vom Stern, der ein mildes Klima mit flüssigem Wasser ermöglicht. Allein in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft wurden bereits Dutzende solcher Exoplaneten entdeckt, darunter die sieben „Erdzwillinge“ um den 40 Lichtjahre entfernten Stern Trappist-1, zwei Planeten um unseren nächsten Nachbarn Proxima Centauri und zwei erdähnliche Planeten in der habitablen Zone des zwölf Lichtjahre entfernten Teegardens Stern.

Ein Roter Zwerg nur elf Lichtjahre entfernt

Allerdings gibt es bei Planeten um Rote Zwerge einen Haken: Weil diese Sterne so leuchtschwach sind, liegt ihre habitable Zone ziemlich nah am Stern. Das macht es für die Astronomen zwar einfacher, dort Planeten zu entdecken – beispielsweise über ihren Schwerkrafteffekt auf den Stern oder durch die Abschattung des Sternenlichts, wenn sie vor ihm vorüberziehen. Gleichzeitig aber setzt dies solche Planeten einer erhöhten Gefahr aus. Denn Rote Zwerge sind sehr aktiv und erleben regelmäßig starke Strahlenausbrüche. Unser Nachbarstern Proxima Centauri beispielsweise erzeugt pro Tag gut 60 schwache Flares und bis zu achtmal pro Jahr besonders heftige Ausbrüche. Seine Planeten sind daher immer wieder starken Schüben von energiereicher UV- und Röntgenstrahlung ausgesetzt. Deshalb ist bisher strittig, ob sich auf Planeten in der habitablen Zone solcher Sterne überhaupt Leben entwickeln kann.

Doch wie das jetzt aktuelle Beispiel Gliese 887 (GJ 887) zeigt, gibt es auch Rote Zwerge, die ihren Trabanten eine sehr viel ruhigere und freundlichere Umgebung bieten. Dieser Rote Zwerg liegt nur knapp elf Lichtjahre von uns entfernt und ist damit der zwölftnächste Stern in unserer Nachbarschaft. Mit optischen Teleskopen betrachtet leuchtet GJ 887 als hellster Roter Zwerg am Himmel, obwohl er nicht einmal halb so groß ist wie unsere Sonne. Um nach möglichen Planeten um diesen Stern zu suchen, haben Astronomen um Sandra Jeffers von der Universität Göttingen ihn mit dem HARPS-Spektrografen am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile ins Visier genommen. Dieses Instrument erlaubt es, die leichten Verschiebungen im Lichtspektrum zu erkennen, die durch die Schwerkraftwirkung eines oder mehrerer Planeten auf die Sternenbewegung verursacht werden. Zusätzlich werteten die Forscher gut 200 weitere Beobachtungsdaten aus den letzten 20 Jahren aus.

Zwei Supererden, vielleicht sogar drei

Dabei wurden sie fündig: „Wir haben Signale mit einer Periode von 9,3 Tagen, 21,8 Tagen und 50,7 Tagen entdeckt“, berichten Jeffers und ihr Team. Nähere Analysen bestätigten, dass die ersten beiden dieser Signale höchstwahrscheinlich von Planeten stammen. Bei GJ 887b und GJ 887c handelt es sich um Supererden mit 4,2 und 7,6 Erdmassen, sie sind demnach nur wenig größer als die Erde. Beim dritten Signal sind sich die Astronomen dagegen nicht sicher. Die zusätzlichen Statistiktests waren uneindeutig, so dass sie bisher nicht ausschließen können, dass es sich bei dem 50-Tages-Signal doch nur um einen Störeffekt handelt. Der innerste Planet, GJ 887b, bewegt sich in einer Umlaufbahn, die nur 0,07 astronomische Einheiten (AE) von seinem Stern entfernt liegt. Damit ist diese Supererde mit einer Temperatur von knapp 200 Grad wahrscheinlich zu heiß für Leben. Der zweite Planet, GJ 887c, könnte dagegen schon eher Hoffnung machen. Denn mit einem Orbit von 0,12 astronomischen Einheiten bewegt er sich nur knapp innerhalb der habitablen Zone, die bei 0,19 astronomischen Einheiten beginnt. Die Astronomen schätzen, dass die Temperaturen auf GJ 887c bei rund 75 Grad liegen.

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Doch sollte es den dritten Planeten um Gliese 887 geben, dann würde er sogar mitten in der habitablen Zone liegen – er wäre dann ein guter Kandidat für die Suche nach Leben. Positiv auch: Im Gegensatz zu den meisten anderen Roten Zwergen scheint GJ 887 ein besonders ruhiges Exemplar seiner Sternenklasse zu sein, wie die Forscher mithilfe von Daten des TESS-Weltraumteleskops der NASA feststellten. Demnach schwankt die Strahlungsintensität dieses Sterns nur minimal, möglicherweise hat er sogar nur eine kleinere Gruppe von Sonnenflecken. Die Planeten in diesem System wären demnach nur wenig harter Strahlung ausgesetzt und könnten wegen des nur schwachen Sternenwinds eine dicke, schützende Atmosphäre besitzen. Ob das der Fall ist, könnten die Astronomen schon bald mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA überprüfen, das Anfang 2021 starten soll. „Sollten weitere Beobachtungen dann noch die Existenz des dritten Planeten in der habitablen Zone bestätigen, dann könnte GJ 887 zu einem der am intensivsten erforschten Systeme in der solaren Nachbarschaft werden“, schreibt Melvyn Davies von der schwedischen Lund Universität in einem ergänzenden Kommentar.

Quelle: Sandra Jeffers (Universität Göttingen) et al., Science, doi: 10.1126/science.aaz0795

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