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Neptuns neuer Mond im Blick

Astronomie|Physik

Neptuns neuer Mond im Blick
Hippocamp
Diese Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble zeigt den neuen Neptunmond Hippocamp. (Bild: Mark R. Showalter/ SETI Institute)

Mithilfe neuer Beobachtungsdaten haben Astronomen nun bestätigt: Der Planet Neptun besitzt einen 14. Mond. Der nur 34 Kilometer kleine Trabant „Hippocamp“ ist der kleinste unter den Neptunmonden und kreist knapp innerhalb der Umlaufbahn des großen Monds Proteus. Dank modernster Bildverarbeitungsmethoden konnten die Astronomen nun die Umlaufbahn von Hippocamp genauer bestimmen und erste Rückschlüsse auf seine Herkunft und Entstehung ziehen. Demnach könnte der Winzling aus Trümmern eines gewaltigen Einschlags auf Proteus gebildet worden sein – und sich vielleicht sogar mehrfach zerlegt und wieder zusammengeballt haben.

Der Neptun und seine Monde geben noch immer Rätsel auf. Denn seine Trabanten sind extrem unterschiedlich. Der mit Abstand größte Neptunmond ist der rund 2700 Kilometer große Triton, ein Trabant, der vermutlich ursprünglich aus dem Kuipergürtel stammt und von Neptun eingefangen wurde. Ihm folgt der 420 Kilometer große, unregelmäßig geformte Proteus. Innerhalb seiner Bahn konnten Forscher anhand von Aufnahmen der Raumsonde Voyager 2 schon in den 1980er Jahren fünf kleine innere Trabanten ausmachen: Naiad, Thalassa, Despina, Galatea und Larissa. Schon damals mutmaßte man, dass diese inneren Trabanten einst aus Trümmern größerer Objekte entstanden sind. Weil sie deutlich jünger sind als Neptun, gehen Planetenforscher heute davon aus, dass sie beim Einfangen des Triton und der damit verbundenen Turbulenzen im System gebildet wurden.

Aus S/2004 N 1 wird Hippocamp

Doch es gibt noch einen weiteren inneren Trabanten des Neptun, wie Mark Showalter vom SETI-Institute in Kalifornien und seine Kollegen 2016 entdeckten. In Aufnahmen des Weltraum-Teleskops Hubble hatten sie einen schwachen Lichtpunkt entdeckt, der innerhalb des Proteus um den Neptun kreiste. Das S/2004 N 1 getaufte Objekt war aber zu klein und weit entfernt, um viel mehr als dies herauszufinden. Jetzt haben Showalter und sein Team jedoch neue Beobachtungsdaten und eine moderne Methode der Bildverarbeitung genutzt, um mehr über das neuentdeckte Objekt zu erfahren. Das Problem dabei: Der Trabant bewegt sich im Teleskop-Bildfeld relativ schnell. Dadurch führen Belichtungszeiten von mehr als etwa 200 bis 300 Sekunden zu einem Verschmieren des Bildsignals. Doch mithilfe eines Algorithmus ist es den Astronomen nun gelungen, diese Belichtungszeit künstlich zu verlängern, indem sie viele kurz nacheinander erstellte Aufnahmen übereinanderrechnen.

Diese Technik ermöglichte es den Forschern nun erstmals, den 14. Mond des Neptun eindeutig zu bestätigen und seine Größe und Umlaufbahn näher zu bestimmen. Dies nahmen Showalter und sein Team zum Anlass, Hippocamp als neuen Namen für S/2004 N 1 vorzuschlagen – nach einem „Seepferd“ aus der griechischen Mythologie. Doch die neuen Daten halfen auch, einen lange verschollenen Neptunmond wieder aufzuspüren. Denn der innerste Mond Naiad war zwar von Voyager 2 im Jahr 1989 gesichtet worden, seither aber nie wieder. „Naiad wiederzufinden war eine Herausforderung, denn sein Orbit unterschied sich substanziell von dem vorhergesagten“, berichten die Forscher. Sie entdeckten den nur 67 Kilometer kleinen Mond schließlich an genau der entgegengesetzten Position und konnten auch seine Bahn nun näher bestimmen.

Aus Mondtrümmern entstanden?

Spannend ist jedoch vor allem, was die neuen Daten über den Hippocamp und seine Geschichte verraten. Zum einen bestätigen sie, dass Hippocamp tatsächlich der kleinste Mond des Neptun ist – sein Durchmesser beträgt nur 34 Kilometer. Außerdem aber enthüllen sie eine aufschlussreiche Bahngeometrie: „Dieser Trabant kreist nur rund 12.000 Kilometer innerhalb von Proteus – einem Objekt mit der rund 4000-fachen Größe“, berichten die Forscher. Aus dem Verhalten der beiden Monde schließen sie, dass sich Proteus und Hippocamp früher sogar noch näher waren. „Es ist daher sinnvoll, eine mögliche Verbindung zwischen diesen beiden Monden näher zu erforschen“, so Showalter und seine Kollegen. Ihre Vermutung: Vielleicht ist Hippocamp sogar ein „Kind“ von Proteus, denn er könnte bei einem gewaltigen Einschlag auf dem größeren Mond aus ausgeschleuderten Trümmern entstanden sein.

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Ein Indiz dafür könnte der Pharos-Krater auf dem Mond Proteus sein, eine Senke, die fast den halben Monddurchmesser einnimmt. „Dieser Krater ist ungewöhnlich groß in Bezug auf die Größe des Mondes und könnte darauf hindeuten, dass Proteus beim Einschlag nur knapp einer Zerstörung entging“, sagen Showalter und seine Kollegen. Sie vermuten, dass dieser Einschlag große Mengen an Gesteinstrümmern ausschleuderte. „Ein Teil dieser Trümmer könnte sich dann in einem stabilen Orbit rund 1000 bis 2000 Kilometer innerhalb des Proteus angesammelt haben“, so die Forscher. Im Laufe der Zeit ballten sich einige dieser Brocken dann zu Hippocamp zusammen. Das könnte die große Nähe beider Monde, den Pharos-Krater und die geringe Größe von Hippocamp erklären. Noch allerdings ist dieses Szenario nur eine Vermutung, beweisen lässt es sich nicht, wie die Wissenschaftler einräumen.

Quelle: Mark Showalter (SETI Institute, Mountain View) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-019-0909-9

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