PSR J0540-6919 – so lautet der Name des Pulsars, den das Weltraumteleskop Fermi in nächster Nachbarschaft zur Milchstraße aufgespürt hat. Der Stern dreht sich in der Großen Magellanschen Wolke, eine Zwerggalaxie, die satellitenartig das Milchstraßensystem umkreist. Er ist damit nicht nur aufgrund seines Fundorts einzigartig, auch die Stärke seiner Strahlung sei bisher unübertroffen, schreibt das Entdecker-Team nun im Fachmagazin „Science“.
Pulsare sind schnell rotierende Neutronensterne, die Überbleibsel einer Explosion von massereichen Sternen. Wenn bei einer solchen sogenannten Supernova der ursprüngliche Stern zu einem Neutronenstern kollabiert, bleiben sein Drehimpuls und auch der magnetische Fluss erhalten. Mit den Pulsaren rotiert deshalb ein starkes magnetisches Feld, von dem energiereiche Strahlung ausgeht. Während sich die Himmelskörper drehen, trifft die Strahlung immer wieder auf die Erde – ähnlich wie der regelmäßig wiederkehrende Lichtschein eines Leuchtturms. Diese Pulse werden hauptsächlich im Radiobereich empfangen. Manche Pulsare emittieren aber auch Strahlen im Röntgen- oder eben im Gammabereich.
Zwillingspulsar im Krebsnebel
Zu den bekanntesten und am meisten erforschten Pulsaren gehört der circa 950 Jahre alte Pulsar im Herzen des Krebsnebels. Mit diesem hochenergetischen Neutronenstern hat der neu gefundene Pulsar einiges gemeinsam. Die Forscher haben ihm deshalb den Spitznamen „Krebszwilling“ gegeben. Der Pulsar ist nicht nur ähnlich jung wie sein Zwilling, sondern gleicht ihm auch in Sachen Rotationsrate und emittierter Strahlung: Die Leuchtkraft beider Pulsare ist sowohl im Radio-, als auch im Röntgen- und sichtbaren Wellenbereich nahezu identisch.
In einem Punkt unterscheiden sich die Sterne jedoch deutlich: PSR J0540-6919 strahlt im Gammabereich etwa 20-mal heller als der Krebspulsar. Die Lichtleistung der Gammastrahlung eines Pulsars bringen Wissenschaftler in direkten Zusammenhang mit der Abnahme seines Drehimpulses. Im Laufe der Zeit verliert ein Pulsar nämlich an Rotationsenergie und dreht sich in Folge langsamer. Umso überraschender war für die Forscher der Vergleich mit einem weiteren Gamma-Pulsar. Bei diesem wurde die Rotationsfrequenz zwar etwa dreimal stärker abgebremst als bei dem neu entdeckten Pulsar. Er leuchtete aber 30-mal schwächer – ein unerwartetes Ergebnis. „Die Beobachtung legt nahe, dass die Leuchtkraft der Gammastrahlung von Pulsaren variabler ist als bisher angenommen“, schreibt das Team.
Neuer Blick auf die Quelle kosmischer Strahlung
Auch auf das Verständnis der Großen Magellanschen Wolke wirkt sich die Kenntnis über den rotierenden Himmelskörper aus. Das Sternsystem sendet Strahlen hoher Energien aus, die Wissenschaftler bislang zu einem großen Teil dem sogenannten Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke zuschrieben. Doch nach den neuen Erkenntnissen könnten etwa 60 Prozent der Aussendungen, die aus diesem Emissionsnebel stammen sollten, tatsächlich Emissionen von PSR J0540-6919 sein, schreiben die Forscher in ihrem Fazit. Bedenke man, dass zusätzliche 25 Prozent der Emissionen ihren Ursprung in einem weiteren Pulsar in der Wolke haben, stamme womöglich nur ein Bruchteil der kosmischen Strahlung von dem Tarantelnebel.
Die Entdeckung des Gamma-Pulsars fügt ein weiteres Puzzlestück hinzu, um das Geheimnis der rätselhaften periodischen Funker im All irgendwann einmal vollständig ergründen zu können. Gleichzeitig wirft der Fund neue Fragen auf – zum Beispiel über den Zusammenhang zwischen Sternentstehungsgebieten wie dem Tarantelnebel und dem Ursprung kosmischer Strahlung. Diesen wollen die Forscher in Zukunft weiter untersuchen.