Die Erde ist einem steten Strom von geladenen, schnellen Teilchen von der Sonne ausgesetzt. Dieser Sonnenwind trifft mit Geschwindigkeiten von 400 bis 2.000 Kilometern pro Sekunde auf das Magnetfeld unseres Planeten. Auch ohne besonders heftige solare Ausbrüche variiert seine Intensität dabei in einem regelmäßigen Zyklus von 27 Tagen, denn in dieser Zeit dreht sich die Sonne einmal um sich selbst. „Mit den aktiven und weniger aktiven Zonen der Sonnenoberfläche wechselt auch der Einstrom von schnellen und langsamen Sonnenwinde in diesem Rhythmus“, erklären Chris Scott von der University of Reading und seine Kollegen. Während die energieärmeren Teilchen dieses Windes von unserem Magnetfeld abgefangen werden, können energiereichere Partikel die Magnetfeldlinien so weit verformen, dass sie bis in die Atmosphäre eindringen. Dies erzeugt unter anderem die Polarlichter der höheren Breiten – könnte aber theoretisch auch die elektrische Eigenschaften der tieferen Atmosphäre beeinflussen und darüber auch Wetterereignisse wie Blitze.
Raumsonde und Wetterdaten
Ob das der Fall ist, haben Scott und seine Kollegen nun untersucht. Dafür werteten sie Daten zur Blitzstärke und -häufigkeit über England aus, die zwischen 2000 und 2005 vom Blitz-Überwachungssystem des britischen Meteorological Office aufgezeichnet wurden. Diese verglichen sie mit Daten der Advanced Composition Explorer Raumsonde der NASA, die zwischen Sonne und Erde steht und ständig die Eigenschaften und das Verhalten des Sonnenwinds misst. Im Untersuchungszeitraum registrierte die Sonde insgesamt 532 starke Sonnenwind-Ströme, wie die Forscher berichten.
Der Vergleich mit den Blitzdaten ergab tatsächlich einen Zusammenhang: Während und nach einem schnellen Teilchenstrom schnellte die Zahl der Blitze über England signifikant in die Höhe. In den 40 Tagen nach einem solchen Ereignis registrierte das Überwachungssystem im Durchschnitt 422 Blitze, in den 40 Tagen vorher aber nur 321, berichten die Wissenschaftler. Meist erreichte die Blitzrate etwa 18 bis 21 Tage nach der Ankunft einer Sonnenwind-Böe ihren Höhepunkt. „Wir haben damit einen Beleg dafür gefunden, dass Hochgeschwindigkeits-Sonnenwind die Blitzraten erhöhen“, sagt Scott. Dies macht sich sowohl in der absoluten Häufigkeit der Blitze bemerkbar, als auch in ihrer Stärke. Auch Donner nahm in diesen Phasen zu, wie die Forscher berichten.
Teilchenstrom elektrisiert Atmosphäre
Noch ist der genaue Mechanismus, mit der Sonnenwind die Blitze beeinflusst unklar. Die Forscher vermuten aber, dass eine bestimmte Klasse von energieärmeren Protonen im Teilchenstrom die elektrischen Eigenschaften der Lufthülle so verändern, dass Blitze leichter entstehen können. „Diese Teilchen haben zwar nicht genügend Energie, um bis zur Erdoberfläche zu gelangen, aber sie kollidieren mit der Atmosphäre und elektrisieren sie dabei“, erklärt Scott. „Dies beeinflusst die Rate und Intensität, mit der es blitzt.“
Nach Ansicht der Forscher könnte diese Erkenntnis dabei helfen, Wettervorhersagen präziser zu machen. Denn weil diese schnellen Teilchenströme von der Sonne einerseits einen regelmäßigen Zyklus aufweisen und zum anderen von Raumsonden früh bemerkt werden, ist eine Vorwarnung vor besonders blitzreichen Gewittern möglich – im Extremfall sogar mehrere Wochen vorher. „Weil die Sonne alle 27 Tage einmal rotiert, überziehen die Hochgeschwindigkeits-Ströme dieser Partikel mit vorhersehbarer Regelmäßigkeit unseren Planeten“, sagt Scott. „Diese Information ist für Langzeit-Wetterprognosen sehr hilfreich.“