Die Forscher um Daniel Heyner untersuchten nun mit Computersimulationen, welche Wechselwirkungen es zwischen dem Sonnenwind und Merkurs Magnetfeld gibt. Da das Magnetfeld so schwach ist, liegt die Magnetopause ? die Grenzfläche zwischen Sonnenwind und dem planetaren Magnetfeld ? sehr nah an der Oberfläche des Planeten. Dadurch kann ein äußeres Magnetfeld, das durch einen Strom in der Magnetopause induziert wird, bis ins Innere des Planeten eindringen. Die Forscher errechneten, dass dieses Feld die Grenze zwischen dem Gesteinsmantel und dem flüssigen Metallkern von Merkur erreicht. Es hat genau die entgegengesetzte Richtung des Dynamo-Feldes. Dadurch ergibt sich eine negative Rückkopplung, die den Dynamo-Prozess behindert und die bislang rätselhafte Schwäche des Merkur-Feldes erklären kann.
Wie die Forscher schreiben, greift dieser Effekt allerdings nur dann, wenn das Feld des Planeten ohnehin schon schwach ist. Kurz nach der Entstehung des Planeten, als Merkur noch viel heißer war als heute und das Eisen in seinem Kern sich noch schneller bewegte, war der Dynamo aber wahrscheinlich so stark, dass der Sonnenwind keinen nennenswerten Einfluss hatte. Die Forscher haben zwei mögliche Erklärungen dafür, dass er trotzdem so schwach ist: Entweder brachte der gewaltige Meteoriten-Einschlag, der das 1500 Kilometer große Caloris-Becken erzeugte, den Dynamo kurzzeitig aus dem Tritt. Beim Neuaufbau des Feldes wirkte sich dann der von Heyner und Kollegen beschriebene Effekt aus.
Die Forscher halten aber auch ein anderes Szenario für möglich. Demnach war die Wärmeverteilung im Innern des Planeten zwischenzeitlich so ungünstig, dass das Magnetfeld erlosch. Erst später, als der Planet abkühlte und sich im Zentrum des Planeten ein fester innerer Kern ausbildete (wie er auch bei der Erde existiert), kam der Dynamo wieder in Gang ? wenn auch nur in abgeschwächter Form.
Wie die Forscher schreiben, sollten die Daten der Raumsonde Messenger demnächst zeigen, ob ihr Modell korrekt ist. Auch das Doppelraumschiff BepiColombo der Europäischen Raumfahrtagentur Esa, das 2014 zum Merkur fliegt, soll das Magnetfeld besonders genau unter die Lupe nehmen.