Zehn Jahre lang wurde nach ihnen gefahndet, jetzt hat ein NASA-Forscherteam sie endlich dingfest machen können: extrem kühle Braune Zwerge, deren Temperatur zum Teil sogar unter der menschlichen Körpertemperatur liegt. Zwar sind Braune Zwerge, die gerne als fehlgeborene Sterne bezeichnet werden, immer sehr viel kühler als echte Sterne – ihre Masse reicht nicht aus, um das typische Sternenfeuer, die Wasserstofffusion, anzufachen. Bisher waren jedoch nur Vertreter bekannt, deren Temperatur oberhalb von 260 Grad Celsius lag und die aufgrund der Zusammensetzung des schwachen Lichts, das sie ausstrahlen, dem Spektraltyp T zugeordnet wurden. Die neu entdeckten Braunen Zwerge gehören dagegen zum Y-Typ, der bislang nur theoretisch vorhergesagt worden war.
Fündig geworden ist das Team in den riesigen Datenmengen, die das Infrarot-Weltraumteleskop WISE bei einer über ein Jahr dauernden Durchmusterung des gesamten Himmels gesammelt hat. Etwa 100 neue Braune Zwerge konnten die Wissenschaftler anhand dieser Daten bisher identifizieren, von denen sechs zum Y-Typ gehören. Alle befinden sich mit einem Abstand von 9 bis 40 Lichtjahren von der Sonne sozusagen in unserer erweiterten Nachbarschaft. Ein Kandidat, aktuell unter dem sperrigen Namen WISE 1541-2250 erfasst, ist aus Sicht der Sonne sogar der siebtnächste Nachbarstern beziehungsweise das siebtnächste sternenähnliche Objekt. Zum Vergleich: Der nächste Sonnennachbar Proxima Centauri ist etwa vier Lichtjahre entfernt.
Von noch größerem Interesse ist jedoch sein Artgenosse WISE 1828+2650: Seine Atmosphäre weist eine Temperatur von lediglich 25 Grad Celsius auf. Er ist damit der kälteste Braune Zwerg, der bisher identifiziert werden konnte. Davy Kirkpatrick vom Caltech, einer der beteiligten Forscher, illustriert den Fund wie folgt: „Die Braunen Zwerge, die vor diesem Fund aufgetaucht sind, hatten eher Temperaturen, die denen im Inneren Ihres Backofens glichen. Mit der Entdeckung der Y-Typ-Exemplare bewegen wir uns jetzt jedoch aus der Küche hinaus in die kühleren Bereiche Ihres Hauses hinein.“
Möglich wurde die Entdeckung dank der äußerst empfindlichen Infrarotsensoren, mit denen WISE ausgestattet ist. Da Braune Zwerge nicht, wie Sterne, Milliarden Jahre lang Hitze in ihrem Inneren erzeugen, die ihre Temperatur relativ konstant hält, kühlen sie mit zunehmendem Alter ab und werden dabei immer dunkler. Am Ende strahlen sie nur noch ein wenig im Infrarotbereich, während sie im sichtbaren Bereich praktisch gar nicht mehr zu sehen sind. Diese schwachen Signale konnte WISE erstmals auffangen und ermöglichte den Forschern so, die Strahlung potenzieller Y-Typ-Kandidaten anschließend noch mit anderen Teleskopen – sowohl auf der Erde als auch im Weltraum – genauer zu untersuchen und zu charakterisieren.
Mitteilung des Jet Propulsion Laboratory der NASA wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel