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Überaschendes vom Asteroiden Bennu

Astronomie|Physik

Überaschendes vom Asteroiden Bennu
Bennu
OSIRIS-REx-Aufnahme der Oberfläche von Asteroid Bennu aus 24 Kilometern Höhe. (Bild: NASA/Goddard/University of Arizona)

Der erdnahe Asteroid Bennu erscheint auf den ersten Blick wenig aufregend: Er ist einfach ein rund 500 Meter großer Gesteinsbrocken irgendwo im All. Doch nun enthüllen erste Daten der Raumsonde OSIRIS-REx gleich eine ganze Reihe unerwarteter Merkmale. So ist sein Inneres stark porös und der ganze Brocken ähnelt eher einem fliegende Geröllhaufen als einem massiven Objekt. Zudem ist seine Oberfläche von überraschend großen Felsbrocken und mehreren auffallenden Längsrippen geprägt. Sie lassen den Asteroiden vom Pol aus betrachtet fast diamantförmig erscheinen. Warum Bennu diese merkwürdigen Besonderheiten hat, ist bislang offen.

Am 3. Dezember 2018 erreichte die Nasa-Asteroiden-Mission OSIRIS-REx ihr Ziel: den zurzeit rund 110 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Asteroiden Bennu. Aufnahmen mit Teleskopen hatten bereits im Vorfeld gezeigt, dass es sich um einen rundlich geformten, sehr dunkel erscheinenden Gesteinsbrocken von rund 500 Metern Durchmesser handelt. Ziel der Mission ist es, diesen Asteroiden genau zu kartieren, sein Verhalten und seine Zusammensetzung zu erfassen und schließlich, eine Probe seines Materials zu nehmen und zur Erde zurückzubringen. Spannend ist dieses Vorhaben aus zwei Gründen: Zum einen ist Bennu relativ alt und ursprünglich und könnte daher wertvolle Einblicke in die Bedingungen zur Anfangszeit des Sonnensystems liefern. Zum anderen aber kommt der Asteroid alle sechs Jahre der Erde relativ nahe – im Jahr 2135 könnte er uns sogar innerhalb des Mondorbits passieren. Auch eine Kollision in fernerer Zukunft können die Astronomen bisher nicht ausschließen. Umso wichtiger ist es, Bahn und Verhalten des Brockens genau zu kennen.

Porös wie ein Geröllhaufen

Jetzt berichten Forscher in gleich sieben Fachartikeln über erste, teilweise überraschende Erkenntnisse aus der OSIRIS-REx-Mission. Die neuen Daten zeigen, dass Bennu zwischen 100 Millionen und einer Milliarde Jahre alt ist – und damit älter als bisher erwartet. Sie bestätigen zudem, dass Bennu im Verhältnis zu seiner Größe die relativ geringe Masse von rund 73 Millionen Tonnen besitzt. Damit liegt seine Dichte bei nur rund 1190 Kilogramm pro Kubikmeter, was für eine hohe Porosität des Brockens spricht. „Mit 50 bis 60 Prozent ist die hohe Porosität von Bennu unvereinbar mit einem monolithischen Objekt“, konstatieren Olivier Barnouin vom Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University und sein Team. „Das ist ein starker Beweis für ein ‚Geröllhaufen‘-Inneres.“ Demnach ist Bennu kein massiver Brocken, wie es von außen den Anschein hat, sondern ist aus eher lose verbundenen Gesteinstrümmern zusammengesetzt, die primär durch die Schwerkraft zusammengehalten werden.

Diese „Geröllhaufen“-Struktur spricht dafür, dass Bennu bei einer Kollision eines größere Mutterobjekts aus dessen Trümmern entstanden ist. Gestützt wird dies durch die überraschend heterogene Oberflächenstruktur des Asteroiden: „Bennu besitzt nicht die großen Flächen mit feinkörnigem Regolith, von denen wir ausgegangen sind, als wir die Mission geplant haben“, berichten Dante Lauretta von der University of Arizona in Tucson und sein Team. Stattdessen enthüllen die jüngsten Aufnahmen der Raumsonde OSIRIS-REx eine von bis zu 30 Meter großen Felsbrocken und zahlreichen Kratern übersäte Oberfläche. Nach Angaben der Forscher sind diese Felsbrocken viel zu groß, um bei Meteoriteneinschlägen entstanden zu sein. „Sie sind daher wahrscheinlich Relikte von Bennus Mutterobjekt, die er nach dessen Zerstörung akkretiert hat“, so Barnouin und seine Kollegen.

Hochriskante Probennahme

Die unerwartet geröllige Oberfläche stellt die Missionsplaner der Nasa allerdings vor ein ganz praktisches Problem: Für die Probennahme ist geplant, dass die Raumsonde ganz dicht über die Oberfläche des Asteroiden hinwegfliegt – nur wenige Meter sollen sie vom Untergrund trennen. Mit einer Art Auslegerarm soll die Sonde dann Staub und einige gröbere Regolithproben aufnehmen. Doch wenn zahlreiche große Felsbrocken im Weg der Raumsonde liegen, könnte sie bei der Probennahme an ihnen zerschellen. Erschwerend kommt hinzu, dass starke Helligkeitskontraste der Oberfläche die Sensoren der Raumsonde verwirren könnten. „Die Beprobung könnte damit eine substanzielle Herausforderung für die Mission darstellen“, sagen Lauretta und sein Team. „Wir haben bisher nur eine kleine Anzahl von risikofreien Gebieten gesehen, die aber nur zwischen fünf und 20 Meter groß sind.“ Im Verlauf der nächsten Monate soll OSIRIS-REx mögliche Probennahme-Gebiete noch einmal genauer kartieren. Die Nasa will dann entscheiden, ob und wo die Sonde ihre Proben nimmt.

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Die Felsbrocken sind aber nicht das einzige überraschende Oberflächenmerkmal des Asteroiden. Die ersten topografischen Scans enthüllen, dass Bennu von den Polen betrachtet einen fast diamantförmigen Querschnitt besitzt. Dieser kommt zustande, weil sich einige bis zu 25 Meter hohe Bergrippen vom Nordpol des Asteroiden Richtung Süden ziehen. „Zusammen mit einigen großen Kratern tragen sie zu Bennus diamantförmigem Äquatorial-Profil bei“, erklären Barnouin und seine Kollegen. Wie und warum sich diese Längsrippen bildeten, ist noch unklar. Die Wissenschaftler vermuten jedoch, dass auch sie ihren Ursprung in der eher losen Struktur des Asteroiden haben könnten. Eine weitere ungewöhnliche Landschaftsform ist eine am Äquator rings um den Asteroiden ziehende Bergrippe. Ob sie aus der Frühzeit des Himmelskörpers stammt oder durch seine zunehmend schneller werdende Rotation aufgewölbt wurde, ist ebenfalls noch rätselhaft.

Zusammengenommen enthüllen schon diese ersten Daten, dass Bennu einige Eigenheiten besitzt, die ihn von vermeintlich sehr ähnlichen Asteroiden wie Ryugu oder Itokawa unterscheiden. „Ganz offensichtlich gibt es keinen Einheits-Asteroiden bei diesem Typ“, konstatieren die Forscher. „Die evolutionären Pfade der individuellen Asteroiden können stattdessen zu ganz verschiedenen inneren Merkmalen, Formen und Oberflächenstrukturen führen.“

Quelle: u.a. Dante Lauretta (University of Arizona, Tucson) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1033-6; Olivier Barnouin (The Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory, Laurel) et al., Nature Geoscience, doi: 10.1038/s41561-019-0330-x

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