Japan ist zudem das bislang einzige Land auf der Welt, das über spezielle Schutzgebäude und -plattformen für Tsunamis verfügt. Es handelt sich meist um massive Betonbauwerke auf dicken, bis zu zehn Meter hohen Pfeilern, die teils noch 20 Meter tief im Boden verankert sind. Breite Treppen bieten ungehinderten Zugang. Im Fischerdorf Nishiki in Zentraljapan etwa, das in den letzten 200 Jahren viermal von einem Tsunami getroffen wurde, hat die Gemeinde 16 Rückzugsorte hergerichtet, meist offene Terrassen an den Flanken der umliegenden Hügel. Jeder der etwa 2.000 Einwohner von Nishiki sollte einen dieser sicheren Plätze innerhalb von fünf Minuten zu Fuß erreichen können. Diejenigen, die am weitesten entfernt von den Hügeln im Zentrum des Ortes wohnen, können auf einen 20 Meter hohen, runden Turm flüchten. In normalen Zeiten dient das Gebäude als öffentliche Toilette, Museum und Lagerraum für die Feuerwehr.
Ein anderes Schutzkonzept hat die Firma Brahman Developments in Puerto Rico entwickelt: Ihr „Statim Shelter System“ ist eine Art Rettungsboot. Das geplante Vehikel besteht im Wesentlichen aus mehreren großen Abflussrohren aus Beton, die zu einem geschlossenen Schwimmkörper verbunden sind. Das Ganze sieht so ähnlich aus wie ein U-Boot und soll schwimmen, wenn ein Tsunami kommt. Innen können 80 Menschen Schutz finden. Nach Angaben des Erfinders Miguel Serrano kosten diese Rettungskapseln etwa 100.000 US-Dollar pro Stück. Man könnte sie in dicht besiedelten Gebieten im Abstand von einigen hundert Metern aufstellen.
In den USA beginnt man zurzeit gerade damit, über Evakuierungsgebäude nachzudenken. Die Gemeinde Cannon Beach im US-Staat Oregon etwa plant, eine neue Stadthalle auf Stelzen zu bauen, in die sich Bewohner flüchten könnten. Die Nordwestküste der USA ist durchaus bedroht: Die geologische Situation ist dort ganz ähnlich wie in Japan. Vor Oregon und Washington schiebt sich die Juan-de-Fuca-Platte unter die Nordamerikanische Platte. Zuletzt brach diese Plattengrenze im Jahr 1700. Ein gewaltiges Erdbeben der Magnitude 9 sandte Tsunami-Wellen über den gesamten Pazifik, noch in Japan richteten sie Schaden an.
Eine weitere Strategie gegen Tsunamis sind Schutzwälle. Japan hat fast 40 Prozent seiner Ostküste mit hohen Betonmauern geschützt, berichtet die New York Times. Doch wie sich jetzt zeigte, helfen diese teuren und wenig ästhetischen Bauwerke nur bedingt. „Die Mauer beim Atomkraftwerk Fukushima war 5,50 Meter hoch, der Tsunami aber deutlich höher“, berichtet Christian Berndt, Professor für marine Geophysik am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR in Kiel. GPS-Messungen deuten darauf hin, dass sich die Welle am 11. März an einigen Stellen sogar 25 Meter hoch auftürmte. „Auf See ist ein Tsunami sehr viel kleiner, aber dafür unglaublich lang“, erläutert Berndt. Doch im flachen Wasser vor der Küste wird er langsamer. „Vor allem an Trichtermündungen von Flüssen staut sich das Wasser“, sagt der Geophysiker. Dort kann der Tsunami dann erstaunliche Höhen erreichen.
Wie hoch das Wasser im Extremfall steigen kann, können Geowissenschaftler inzwischen recht gut mit Modellen berechnen ? zumindest wenn sie die Unterwasser-Topographie vor einer Küste gut kennen. Solche Modellrechnungen können zeigen, welche Stellen einigermaßen sicher sind ? zum Beispiel Felsvorsprünge, um die das Wasser herumfließt ? und wo man besser nicht bauen sollte, meint Berndt.
Auch Pflanzen können die Gewalt der Wassermassen abschwächen. Wälder oder Mangrovengürtel sind natürliche Schutzschilde für gefährdete Städte ? allerdings nur, wenn diese nicht direkt am Meer liegen. „In Indonesien sind viele Dörfer nach dem Tsunami von 2004 weiter im Inland wieder aufgebaut worden“, sagt Frederik Tilmann vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. „Das ist sicherlich weise. Man kann nur hoffen, dass die Menschen in hundert Jahren noch daran denken, wenn der nächste Tsunami kommt.“