Wissenschaftler haben eine neue Erklärung für die spektakulären, fast 500 Kilometer hoch reichenden Gas- und Staubströme am Südpol des Saturnmondes Enceladus gefunden. Demnach entstammt das Material besonderen Reservoirs unter der Eisoberfläche des Himmelskörpers und reagiert heftig mit der Mondatmosphäre. Es handelt sich dabei um so genannte Clathrate ? chemische Verbindungen, in diesem Fall aus Wasser, die unter hohem Druck Hohlräume bilden, in denen sich andere Stoffe einlagern.
Über die Entstehung der Gasströme rätseln Wissenschaftler, seitdem die Raumsonde
Cassini 2005 erste Bilder von dem Phänomen einfing. Diese Ströme
speisen den E-Ring des Saturns mit winzigen Eispartikeln. Neben Eis bestehen sie aus Wasserdampf und zu zehn Prozent aus den Gasen Kohlendioxid, Stickstoff und Methan. Die beiden letztgenannten Gase sind in Wasser kaum löslich, weshalb die bisherige Theorie nicht aufrechterhalten werden könne, so die Forscher: Sie besagte, dass die Ströme entstehen, wenn aus Wasserreservoirs unter der Oberfläche des Mondes
kalte Geysire ausbrechen.
Die Gase Stickstoff und Methan können jedoch in sehr kaltem Wasser eingeschlossen werden, wenn es unter hohem Druck Clathrate bildet. Susan Kieffer und ihre Kollegen vermuten Reservoirs solcher Clathrate unter der Eisoberfläche des kleinen Mondes. Wenn diese Oberfläche durch tektonische Aktivität aufreißt, kommen die Clathrate mit der dünnen Atmosphäre des Enceladus in Kontakt, der Druck fällt plötzlich auf fast null ab. Dadurch zerfallen die Verbindungen explosionsartig und bilden so die hohen Dampfwolken. Sehr kleine Risse dagegen werden bald wieder durch Eisbildung versiegelt.
Enceladus ist einer der wenigen geologisch aktiven Himmelskörper im Sonnensystem. Im Juli 2005 entdeckte Cassini vier Streifen am Südpol, die durch tektonische Aktivität entstanden sind. Entlang dieser 130 Kilometer langen Streifen verteilen sich mindestens 17 Öffnungen, die die Gasströme entlassen, schreiben die Forscher um Kieffer. Die Menge an ausgestoßenen Eispartikeln, Wasserdampf und Gasen vergleichen sie mit dem Wasserausstoß des Old-Faithful-Geysirs im amerikanischen Yellowstone-Nationalpark.
Susan Kieffer (University of Illinois in Urbana) et al.: Science, Bd. 314, S. 1764 ddp/wissenschaft.de ? Sabine Keuter