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Welten auf Wanderschaft

Astronomie|Physik

Welten auf Wanderschaft
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Der Werdegang der Exoten. Die Natur beschreitet viele Wege zur Planetenbildung. Doch die meisten dieser Himmelskörper haben bizarre Eigenschaften, stürzen sich zu Tode oder sind für erdähnliches Leben nicht geeignet. Ist unser Sonnensystem die große Ausnahme im Weltall?

Fast drei Dutzend Planeten sind in den letzten Jahren bei anderen Sternen aufgespürt worden. Es handelt sich fast durchweg um Gasriesen, die die Masse des Jupiters häufig um ein Mehrfaches übertreffen. Diese „Heißen Jupiter“, wie die Astronomen die aufgeblasenen Gasbälle nennen, werfen viele Rätsel auf: Wie sind sie entstanden? Warum sind sie nicht längst in ihre Sterne gestürzt? Und sind sie womöglich in der Natur die Regel – und die Eigenschaften des Sonnensystems ist die Ausnahme im All? Die Probleme sind noch grundlegender: Wo und wie bilden und entwickeln sich überhaupt Planetensysteme? Und wie schnell und wie häufig geschieht das?

In den letzten Jahren haben Astronomen zahlreiche abgeflachte, rotierende Wolken aus Gas und Staub um junge Sterne entdeckt. Diese protoplanetarischen Akkretionsscheiben sind die Geburtsstätten von Planeten. Aus dynamischen Instabilitäten und unter dem Einfluß elektromagnetischer Kräfte sowie vor allem der Gravitation verdichtet sich ein Teil der Materie in der Scheibe zu Klumpen. Diese sogenannten Planetesimalen, die von einem Millimeter auf Kilometergröße heranwachsen, sind die Bausteine der Planeten.

Feurige junge Sterne stoßen einen heftigen Strom aus schnellen Elektronen, Protonen und Atomkernen aus, und die leichten Elemente in der protoplanetarischen Scheibe werden durch diesen Sternwind und die Hitze rasch nach außen getrieben. Deshalb haben sich die kleinen, dichten Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars mit ihrer festen Oberfläche in den inneren Bereichen unseres Sonnensystems gebildet, die Gasriesen Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun dagegen weiter außen. Verallgemeinert man diese Vorstellung, dann müssen die Heißen Jupiter bei anderen Sternen weiter außen in ihrer Geburtswolke entstanden und im Lauf der Zeit nach innen gedriftet sein. Doch warum sind die Heißen Jupiter dann nicht längst in ihren Stern gezogen worden – wie Motten ins Licht? Was hat sie aufgehalten?

Modellrechnungen zeigen, daß auch regelrechte kosmische Billardpartien Planeten in die Nähe ihres Heimatsterns befördern können. Sind nämlich mehrere Gasriesen entstanden, hat ihre gravitative Wechselwirkung häufig zur Folge, daß ein Planet aus dem System hinauskatapultiert wird und ein anderer dafür auf eine engere Umlaufbahn gerät. Ein kosmisches Schleudertrauma wäre auch eine plausible Erklärung für die stark elliptische Umlaufbahn, auf der viele der neu entdeckten Planeten durchs All schwirren.

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All diese Befunde und Hypothesen lassen immerhin eine Schlußfolgerung zu: Unser Sonnensystem muß keinesfalls die Norm sein. Vielleicht ist es sogar ein kosmischer Glücksfall. Wenn ein Riesenplanet sich auf einer stark exzentrischen Bahn oder sehr nahe um seinen Stern bewegt, dann sind stabile Umlaufbahnen für einen erdähnlichen Planeten in einer lebensfreundlichen Entfernung von diesem Stern unmöglich. „Die großen Brocken können alle erdähnlichen Planeten aus einem Sonnensystem fegen“, sagt Marcy. Das hat Folgen: „Unsere Existenz basiert darauf, daß sowohl Jupiter als auch die Erde auf stabilen, beinahe kreisförmigen Bahnen laufen.“

Außerirdische Lebensformen, vor allem intelligente, könnten also wesentlich seltener sein, als Optimisten annehmen. Doch noch wissen wir zu wenig über die Architektur anderer Planetensysteme. Nur die exotischen Riesenplaneten lassen sich durch unsere momentanen Beobachtungsmittel verläßlich nachweisen. Empfindlichere Instrumente müssen zeigen, ob unser Sonnensystem eine kosmische Ausnahme ist oder doch eher die Regel in der Natur. „Noch ist die Erde die einzige uns bekannte Welt, die Leben trägt“, sagt Christopher F. Chyba von der University of Arizona in Tucson. „Wenn wir die Bedingungen erforschen, die für lebensfreundliche Planeten notwendig sind, lernen wir auch den Wert unserer eigenen Welt besser zu schätzen.“

===Rüdiger Vaas
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