Allerdings macht diese schwache Wirkung die Entdeckung der Antineutrinos auch sehr aufwändig. In einer Mine etwa einen Kilometer unter dem Gipfel des Berges Ikenoyama auf der japanischen Hauptinsel Honshu betreibt das Neutrino-Forschungszentrum der Tohoku-Universität den Neutrino-Detektor KamLAND. Der Standort im Berg soll den Detektor vor störender kosmischer Strahlung abschirmen.
Der Detektor besteht aus einem 13 Meter großen Ballon, der mit etwa 1000 Tonnen einer so genannten Szintillationsflüssigkeit gefüllt ist. Trifft in dieser Flüssigkeit ein Antineutrino auf ein Proton, dann entstehen ein Neutron und ein Positron ? das ist ein positiv geladenes Elektron. Während das Positron durch die Flüssigkeit fliegt, sendet es Licht in alle Richtungen aus. Schließlich trifft es auf ein Elektron und wird gemeinsam mit ihm in einem Lichtblitz vernichtet. Das Neutron verbindet sich dagegen mit einem Proton, wobei auch ein Lichtblitz ausgesandt wird. Insgesamt erzeugt ein im Detektor eingefangenes Antineutrino also eine charakteristische Abfolge von Lichtblitzen, die von 2000 Teilchendetektoren ? so genannten Photomultipliern ? registriert werden, die um den Ballon herum platziert sind.
Weil die schwachen Lichtblitze, die im Innern des Ballons erzeugt werden, nur außerhalb des Ballons registriert werden können, muss seine Haut sehr gut lichtdurchlässig sein. Sie besteht deshalb aus transparentem Kunststoff, der nur einen zehntel Millimeter dick ist. Entsprechend vorsichtig wurden die 1000 Tonnen der Szintillationsflüssigkeit eingefüllt: Der Füllvorgang dauerte vier Monate.
Nach einer Messzeit von etwa zwei Jahren hatten die Forscher 152 Antineutrinos registriert. Von dieser Zahl müssen jedoch noch die Antineutrinos abgezogen werden, die aus anderen Quellen als dem Erdinnern stammen, wie beispielsweise aus benachbarten Kernkraftwerken. Die Berechnungen der Forscher ergaben nach Abzug aller Störteilchen 25 Antineutrinos aus dem Erdinnern.
Hochgerechnet auf die Gesamtzahl der radioaktiven Zerfallsprozesse im Innern der Erde ergibt sich daraus eine Wärmeleistung von 16 Billionen Watt. Dies entspricht relativ gut dem von Geophysikern geschätzten Wert von 19 Billionen Watt, zumal bei dem KamLAND-Experiment nur Antineutrinos aus Uran- und Thoriumzerfällen registriert werden konnten. Denn es wird noch ein zusätzlicher Beitrag von Kaliumzerfällen vermutet.
Bilder zum KamLAND-Experiment finden Sie hier.
T. Araki et. al.: Nature, Band 436, Seite 499