Während sie für Juweliere ein lästiges Übel darstellen, sind Einschlüsse in Diamanten für Geowissenschaftler eine wahre Goldgrube: Die harten Minerale dienen als eine Art Zeitkapsel für Informationen aus dem Erdinneren, haben Forscher aus Südafrika jetzt eindrucksvoll belegt. Mithilfe der Edelsteine konnten sie nämlich nachweisen, dass sich die Erdplatten seit mindestens drei Milliarden Jahren bewegen.
Ausgerechnet winzige Teilchen der Erdkruste, eingeschlossen in Diamanten, lieferten den Wissenschaftlern wichtige Informationen über den Beginn eines gigantischen Kreislaufs: den sogenannten Wilson-Zyklus, der die Bewegungen der Erdplatten beschreibt. Seit mindestens drei Milliarden Jahren brechen demnach Kontinente auseinander, falten sich Gebirge auf, bildet sich Ozeanboden neu und taucht unter Kontinenträndern wieder ab. Entscheidend waren dabei die besonderen Eigenschaften der Diamanten: Das Kohlenstoff-Mineral entsteht in einer Tiefe von etwa 150 Kilometern. Während der Bildung eines Diamanten werden häufig andere Mineralien in das Material eingeschlossen. Da Diamanten druck- und temperaturunempfindlich sind, bleiben diese Einschlüsse in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung erhalten und können noch Milliarden Jahre später Informationen über ihre Entstehung liefern. In die oberen Schichten der Erde gelangen die Edelsteine bei Vulkanausbrüchen.
Anhand von über 4.000 dieser Zeitzeugen konnten die Forscher deutliche Unterschiede bei den Einschlüssen ausmachen: Einschlüsse in Diamanten, die älter als drei Milliarden Jahre alt sind, ordnen die Wissenschaftler der Gesteinsgruppe Peridotit zu, aus der fast der gesamte Erdmantel besteht. Diamanten, die jünger als drei Milliarden Jahre sind, enthalten dagegen Spuren von Eklogit. Dieses Gestein entsteht an sogenannten Subduktionszonen, an denen Ozeanboden ins Erdinnere abtaucht. Die Einschlüsse können sich demnach erst gebildet haben, nachdem die Bewegung der Platten bereits begonnen hatte, sonst ließe sich ihr Vorhandensein in den Diamanten nicht erklären. Folglich gibt es seit etwa drei Milliarden Jahren die Plattentektonik, resümieren die Forscher.
In einem Kommentar moniert der australische Geowissenschaftler Martin van Kranendonk allerdings, dass bereits bekannte Forschungsergebnisse über das heutige Grönland in der Studie nicht berücksichtigt wurden. Seiner Aussage nach gibt es Hinweise darauf, dass es dort bereits vor 3,6 Milliarden Jahren Bewegungen von Erdplatten gab. Gleichzeitig räumt van Kranendonk ein, dass sich tektonische Prozesse, wie sie heute ablaufen, schrittweise entwickelt haben könnten ? zuerst gab es möglicherweise lediglich schollenartige Brüche in einer eher gleichmäßig dicken Erdkruste, später könnten dann die Bewegungen der Platten zueinander hinzugekommen sein.
Steven B. Shirey, Stephen H. Richardson (Universität Cape Town): Science, Bd. 333, S. 434, doi: 10.1126/science.1206275 wissenschaft.de ? Marion Martin