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Aussterbewellen mit brenzligem Effekt

Feueraktivität & Pflanzenfresser

Aussterbewellen mit brenzligem Effekt
Vor Aussterbeereignissen nahmen vor allem in Südamerika noch vergleichsweise viele Grasfresser dem Feuer die Nahrung weg, geht aus einer Studie hervor. (Illustration: A. Karp. Mammals traced from Stuart, 2015 Geol. J. 50: 338–363)

Durch einen Blick in prähistorische Entwicklungen haben Forscher die weitreichende Bedeutung von Pflanzenfressern für die Feueraktivität verdeutlicht: Das Aussterben dieser Tiere hat in der Zeit vor 50.000 bis 7000 Jahren zu vermehrten Bränden in den Graslandschaften der Welt geführt, geht aus ihren Analysen hervor. Je intensiver der Verlust dabei in einer Region ausfiel, desto mehr loderten dort auch die Flammen. Die Ergebnisse verweisen darauf, dass der ökologische Effekt von Grasfressern bei der Einschätzung der globalen Feueraktivität in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft besser berücksichtigt werden sollte, sagen die Wissenschaftler.

Teils riesige Regionen der Erde sind von einem Bewuchs geprägt, der immer mal wieder abtrocknet. Dort reicht dann schon ein kleiner Funke, um Brände in Gang zu setzten, die schließlich ganze Landstriche in Asche legen. Dabei handelt es sich um einen zumindest teilweise natürlichen Prozess mit großer Bedeutung: Er prägt die Artenvielfalt in Ökosystemen sowie die Freisetzung von klimarelevanten Gasen und hat damit auch Auswirkungen über geologische Zeitskalen hinweg. Um die Bedeutung von Bränden zu verstehen, ist es wichtig, ihre Ursachen und die Faktoren der Häufigkeit zu kennen. Klar scheint dabei, dass das Klima eine zentrale Rolle spielt – Dürren können etwa die Wahrscheinlichkeit von Bränden deutlich erhöhen. Doch auch die Aktivität von Pflanzenfressern kann eine wichtige Rolle spielen: Sie begrenzen die Feueraktivität, indem sie Pflanzenmaterial fressen, das andernfalls Brennstoff bilden würde.

Dem Brandschutz-Effekt von Grasfressern auf der Spur

Dieser Zusammenhang wurde bereits in einigen Ökosystemen dokumentiert. Auf lokaler Ebene zeichnet sich dabei ab, dass ein Schwund von Grasfressern zu häufigeren und stärkeren Bränden in den entsprechenden Ökosystemen führt. Die Forscher um Carla Staver von der Yale University in New Haven wollten nun allerdings überprüfen, ob sich diese Rolle auch in einem großräumigen und zeitlich umfassenderen Maßstab widerspiegelt. Dazu warfen sie einen analytischen Blick in die Entwicklungen vor etwa 50.000 bis 7000 Jahren.

In dieser Ära des späten Quartär kam es in einigen Grasland-Ökosystemen der Welt bekanntermaßen zu teils heftigen Aussterbewellen bei den großen Pflanzenfressern. So widmeten sich die Forscher der Frage, inwieweit sich diese Verluste in der Entwicklung der Feueraktivität in diesen Regionen widerspiegelten. Sie werteten dazu Informationen aus Datenbanken und Studien aus, die Aufschluss über das Ausmaß von Aussterbewellen in bestimmten Regionen der Welt ergaben. Diese Ergebnisse konnten sie dann mit Rechercheergebnissen zu Paläo-Brandaktivitäten vergleichen, die auf Untersuchungen von Aschespuren in Sedimentschichten beruhen.

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Wie sie berichten, ging aus den Datenanalysen zunächst hervor: In Südamerika kam es im Untersuchungszeitraum zu den größten Verlusten bei den Grasfressern: 83 Prozent aller Arten starben dort aus, gefolgt von Nordamerika mit 68 Prozent und Australien mit 44 Prozent. Wie die Forscher betonen, gibt es auch Hinweise darauf, dass die Aussterbeereignisse nicht nur einen Artenverlust bedeuteten, sondern auch einen generellen Schwund bei der Biomasse der Grasfresser. Die Recherche bestätigte zudem die bekannte Tatsache, dass die Tierwelt Afrikas vom Aussterben vergleichsweise verschont blieb: Dort verschwanden nur 22 Prozent der Grasfresser-Arten im Rahmen des Untersuchungszeitraums.

Verknüpfungen zeichnet sich ab

Der Vergleich der Daten mit den Analyseergebnissen der Paläo-Brandaktivitäten in den jeweiligen Regionen ergab anschließend: Die Feuerhäufigkeit hatte dort am stärksten zugenommen, wo das Aussterben bei den Vertretern der Grasfresser am stärksten ausgefallen war. An der Spitze stand demnach Südamerika, gefolgt von Nordamerika. In Australien nahm die Brandhäufigkeit hingegen nur wenig zu und in Afrika fanden die Wissenschaftler sogar Hinweise auf einen leichten Rückgang im Verlauf des Untersuchungszeitraums. Aus den Ergebnissen geht unterm Strich somit hervor, dass der Verlust von Grasfressern sich auf kontinentaler Ebene in Veränderungen der Feueraktivität widergespiegelte, resümieren die Wissenschaftler.

„Diese Arbeit macht deutlich, wie wichtig grasfressende Tiere für die Entstehung von Bränden sein können. Wir müssen diesen Wechselwirkungen große Aufmerksamkeit schenken, wenn wir die zukünftigen Muster von Bränden vorhersagen wollen“, sagt Staver. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der Veränderungen der Pflanzenfressergemeinschaften in vielen Grasland-Ökosystemen wichtig: Durch den Einfluss des Menschen schwinden vielerorts die Bestände von Gras fressenden Wildtieren. Bisher wird dies allerdings in großräumigen Feuermodellen in der Regel nicht berücksichtigt. „Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, die Kontrolle durch Pflanzenfresser in unser Verständnis der Feueraktivität und explizit in Feuermodelle einzubeziehen. Die kann dazu beitragen, Unstimmigkeiten zwischen Beobachtungen und modellierten Szenarien für die Feueraktivität im Grasland auszugleichen“, schreiben die Forscher.

Quelle: Yale University, Fachartikel: Science, doi: 10.1126/science.abj1580

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