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Austrocknung macht Gewässer zu CO2-Schleudern

Erde|Umwelt

Austrocknung macht Gewässer zu CO2-Schleudern
ausgetrockneter See
Ausgetrockneter See nach einer Dürreperiode (Bild: ZU_09/ iStock)

Der Extremsommer 2018 hat viele Seen und Flüsse zu bloßen Pfützen und Rinnsalen werden lassen – einige fielen sogar ganz trocken. Das aber hat nicht nur Folgen für Mensch und Tier. Eine neue Studie enthüllt, dass trockenfallende Gewässer auch dem Klima zusätzlich einheizen. Denn sie geben beim Austrocknen vermehrt Kohlendioxid ab. Ihren Anteil an den globalen CO2-Emissionen beziffern die Forscher auf immerhin 0,2 Milliarden Tonnen jährlich. Damit spielen Binnengewässer eine bedeutendere Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf als bislang angenommen.

Seen galten lange als Kohlenstoff-Speicher – als Naturräume, die dem Gesamtsystem eher CO2 entziehen und damit dem Klimawandel entgegenwirken. Doch in den letzten Jahren hat sich dieses Bild gewandelt. So weiß man heute, dass Algen und Wasserpflanzen in Inland-Gewässern zwar durch ihre Photosynthese CO2 binden. Gleichzeitig sorgen aber Ablagerungen und Zersetzungsprozesse im Sediment dafür, dass sie auch große Mengen an Treibhausgasen wie CO2 und Methan wieder abgeben. „Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass Binnengewässer mehr als zwei Gigatonnen CO2 pro Jahr ausgasen“, berichten Rafael Marcé vom Katalonischen Institut für Wasserforschung in Girona und seine Kollegen.

Wie viel CO2 gibt der austrocknende Seegrund ab?

Doch ein Aspekt blieb bislang weitgehend unbeachtet: Was geschieht, wenn ein See oder Fluss austrocknet und das Sediment freiliegt? Durch den Klimawandel und die häufiger werdenden Dürreperioden in vielen Regionen der Welt, sinken in vielen Gewässern die Wasserspiegel, einige sind zudem ohnehin saisonal und fallen regelmäßig vorübergehend trocken. In den letzten dreißig Jahren sind zudem bereits zahlreiche Seen dauerhaft geschrumpft oder ganz verschwunden, wie die Forscher berichten. Um die Folgen dieser Entwicklung besser abschätzen zu können, haben Marcé und sein Team nun Daten dazu zusammengetragen, wie viel CO2 von austrocknenden oder bereits trockengefallenen Böden abgegeben wird. Diese Daten kombinierten sie mit der weltweiten Gesamtfläche ausgetrockneter und periodisch trockenfallender Gewässerbereiche.

„Wir haben damit die erste grobe Abschätzung dazu erstellt, wie viel Kohlenstoff von trockenen Seesedimenten global freigesetzt wird“, sagen die Forscher. Ihren Berechnungen nach geben solche Böden im Schnitt 320 Millimol Kohlenstoff pro Quadratmeter und Tag ab, die Rate könne aber je nach Sediment und Umweltbedingungen zwischen 216 und 515 Millimol schwanken. Weltweit ermittelten Marcé und sein Team für die in den letzten 30 Jahren dauerhaft ausgetrockneten Seen eine Fläche von knapp 90.000 Quadratkilometern, für die saisonalen Binnengewässer eine Fläche von gut 800.000 Quadratkilometern. Nimmt man nun diese Daten zusammen, ergibt sich: Allein die austrocknenden Seegründe geben weltweit pro Jahr knapp 0,1 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form von CO2 ab, wie die Forscher berichten. Zu diesem Wert kommt noch einmal so viel CO2 aus dem Sediment austrocknender Flüsse und Bäche hinzu.

Bedeutende Rolle im Kohlenstoff-Kreislauf

Trockenfallende Binnengewässer haben damit einen nicht unbedeutenden Anteil am global emittierten CO2. „Etwa 0,2 Gigatonnen CO2 werden jährlich von trockenen Gewässern weltweit emittiert. Zum Vergleich: Der jährliche CO2-Fluss aus kontinentalen Gewässern liegt bei rund zwei Gigatonnen pro Jahr, die anthropogen erzeugte Menge aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe bei neun Gigatonnen pro Jahr“, sagt Co-Autor Gabriel Singer vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. Das aber bedeutet: Die CO2-Flüsse aus kontinentalen Gewässern an die Atmosphäre müssen um etwa zehn Prozent höher angesetzt werden als bisher angenommen. Damit spielen Binnengewässer eine bedeutendere Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf als bislang angenommen.

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Nach Ansicht der Wissenschaftler sind dies wichtige Informationen, die aber auch neue Handlungsoptionen eröffnen: „Je genauer wir wissen, wie der globale Kohlenstoffkreislauf funktioniert, umso besser können wir mögliche Angriffspunkte identifizieren – vor allem wenn es darum geht, mögliche Rückkopplungen des Klimawandels abzufangen“, sagt Singer. So könnte man beispielsweise zukünftig darauf achten, künstliche Wasserspeicher und Stauseen so zu bewirtschaften, dass möglichst keine großen Seegrundbereiche austrocknen. Beim Bau neuer Wasserspeicher könnten zudem Standort und Bauweise entsprechend angepasst werden.

Quelle: Rafael Marcé (Catalan Institute for Water Research (ICRA), Girona) et al., Earth-Science Reviews, doi: 10.1016/j.earscirev.2018.11.012

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