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Bronzezeitliches Anthropozän?

Erde|Umwelt

Bronzezeitliches Anthropozän?
Die neuen Erkenntnisse lassen auf ein "Frühes Anthropozän" schließen.
Ein Fußabdruck des Menschen lässt sich bereits in geologischen Schichten aus der Bronzezeit nachweisen. (Foto: Erich Draganits)

Der Mensch verändert die Umwelt so nachhaltig, dass die Spuren dieser Eingriffe inzwischen überall auf unserem Planeten zu finden sind: Unser Fußabdruck prägt die geologischen Schichten der Erde – und das schon seit der Bronzezeit, wie eine Studie nun zeigt. Demnach lassen sich erste Spuren großflächiger, menschengemachter Veränderungen bereits in 3000 Jahre alten Bodenproben nachweisen. Dies deute auf ein „Frühes Anthropozän“ hin, berichten die Forscher.

Kein anderes Lebewesen hat die Erde jemals so stark verändert wie der Mensch. Ob durch Technik, menschengemachte Strukturen oder Eingriffe in die Stoffkreisläufe der Landschaft – wir haben die Umwelt nachhaltig transformiert. Mittlerweile ist unser Planet so sehr durch den Fußabdruck des Menschen geprägt, dass Wissenschaftler von einem neuen geologischen Zeitalter sprechen: dem Anthropozän, dem Zeitalter des Menschen. Doch wann begann diese menschengemachte Epoche der Erdgeschichte? Klar ist: Schon in der Jungsteinzeit hinterließen unsere Vorfahren sichtbare Spuren in der Welt, in der sie lebten: Sie entfachten Brände, rodeten Wälder und legten Äcker an. All diese Spuren sind lokal allerdings sehr begrenzt. Ab wann aber lassen sich umweltverändernde Aktivitäten durch Menschen erstmals großflächiger nachweisen?

Metallspuren aus der Bronzezeit

Um diese Frage zu beantworten, haben Michael Wagreich von der Universität Wien und Erich Draganits von der Universität für Bodenkultur in Wien unterschiedliche Daten ausgewertet, die einen weiten Blick in die Vergangenheit erlauben – darunter Eisbohrkerne, Proben aus Torfmooren oder Gewässersedimente. Dabei konzentrierten sie sich vor allem auf den Nachweis von Schwermetallanreicherungen, die als Anzeiger für einen möglichen neuen Abschnitt der Erdgeschichte dienen können. Das Ergebnis: Schon in mehreren Proben aus der späten Bronzezeit lassen sich erhöhte Konzentrationen von Schwermetallen wie Kupfer und Blei nachweisen. Dieser Befund fällt zeitlich mit dem Aufstieg des Erzabbaus und des Verhüttungswesens zusammen, wie die Forscher berichten.

Das älteste Signal dafür ist etwa 3200 bis 2500 Jahre alt und lässt sich der phönizisch-griechischen Kupfer- und Silberproduktion zuordnen. Die damit einhergehende Bleianreicherung zeigt sich unter anderem in Eisbohrkernen aus dem arktischen Kanada und aus Grönland. Demnach beinhalten diese Proben das Dreifache der natürlich vorkommenden Bleikonzentration. Noch deutlicher wird der Fußabdruck des Menschen im Boden vor rund 2000 Jahren: In Proben aus dieser Zeit sind bis zu fünffach erhöhte Bleikontaminationen nachweisbar. Sie gehen den Wissenschaftlern zufolge auf die intensive Metallproduktion der Römer – vor allem im heutigen Spanien – zurück. Die Isotopenzusammensetzung des Bleis weise direkt auf eine Herkunft aus Erzlagerstätten auf der iberischen Halbinsel hin, so die Forscher.

Verbreitung über Flüsse und Aerosole

Entscheidend dabei ist, dass diese Spuren nicht nur lokal begrenzt, sondern vergleichsweise weit verteilt auftauchen: „Die Verschmutzung durch Blei und andere Metalle wurde nicht nur durch Flüsse verbreitet, sondern auch in der Atmosphäre in Form von Aerosolen, die vor allem bei der Metallerzeugung, dem Rösten beziehungsweise Verhütten des metallführenden Erzes entstanden sind“, erklärt Draganits. Global verteilt wurden die Metallspuren damals allerdings nicht. Die menschengemachten Veränderungen aus dieser Zeit beschränken sich auf den europäischen und nordamerikanischen Raum, wie die Wissenschaftler berichten. Nicht vergleichbar sind die damals hinterlassenen Spuren auch mit dem, was sich später ab der industriellen Revolution und besonders durch das verbleite Benzin ab den 1950er Jahren in der Umwelt angesammelt hat.

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Die meisten Experten datieren den Beginn des Anthropozäns daher erst auf diese Zeit – auch weil sich um die 1950er Jahre herum erstmals durch Atombombenversuche freigesetzte Radionuklide wie etwa Plutonium im Boden nachweisen lassen. Die wesentlich älteren Bleianreicherungen sind in ihrem Ausmaß zwar deutlich kleiner. Sie lassen dem Team zufolge aber auf ein „Frühes Anthropozän“ schließen – ein Begriff, der in die Fachliteratur bereits Eingang gefunden hat. Die neuen Erkenntnisse zeigen nun, dass diese frühe Phase der menschengemachten Transformation schon in der Bronzezeit ihren Anfang genommen hat.

Quelle: Michael Wagreich (Universität Wien) et al., The Anthropocene Review, doi: 10.1177/2053019618756682

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