Ein durchscheinendes blaues Band wölbt sich über einem uferlosen Wolkenmeer – darüber die endlose Schwärze des Alls. Das Titelbild illustriert den Leitgedanken von Gabrielle Walker: Welch mächtiger Schutzschild die Lufthülle der Erde ist, obwohl sie flüchtig und immateriell erscheint.
Ihr Buch – gerade von bdw zum „Wissenschaftsbuch des Jahres” gekürt – nähert sich dem Thema Luft aus historischer Perspektive: Die Redakteurin des britischen Wissenschaftsmagazins New Scientist und promovierte Chemikerin blickt den Naturforschern über die Schultern, die im Laufe von rund 400 Jahren die Bestandteile der Luft und die verschiedenen Stockwerke der Atmosphäre entdeckt haben. Dabei erzählt sie so manche Anekdote. Sie berichtet von Antoine Lavoisier, der den Sauerstoff entdeckte und schließlich bei der französischen Revolution der Guillotine zum Opfer fiel. Und von den waghalsigen Experimenten des norwegischen Physikers Kristian Birkeland, der ein magnetisches Erdmodell mit Elektronen beschoss, um den Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Nordlichtern nachzuweisen. Bei einer schlecht geplanten Expedition in den winterlichen Bergen Nordnorwegens kam Birkeland nur knapp mit dem Leben davon.
Klimawandel und Ozonloch, die atmosphärischen Probleme, für die der Mensch verantwortlich ist, kommen im Buch nur am Rande vor. Walker verzichtet auf den erhobenen Zeigefinger, sondern bringt lieber unbekannte Details ans Tageslicht und beleuchtet die Dinge aus ungewohntem Blickwinkel. Da verzeiht man ihr schon mal kleinere Ungenauigkeiten, etwa die schiefe Erklärung des Coriolis-Effekts oder die um eine Zehnerpotenz verrutschte Angabe zum CO2-Gehalt der Luft. Ute Kehse
Gabrielle Walker EIN MEER VON LUFT Berlin Verlag, Berlin 2007 365 S., € 24,90 ISBN 978–3–8270–0595–3