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Giftige Algenblüte nach Asteroideneinschlag

Erdgeschichte

Giftige Algenblüte nach Asteroideneinschlag
Die explosionsartige Vermehrung von Algen kann Gewässer verpesten. (Bild: Vladimirovic/iStock)

Er machte nicht nur den Dinosauriern den Garaus – wie der Asteroideneinschlag auch vielen Meerestieren den Tod brachte, beleuchtet nun eine Studie: Giftige Algen könnten demnach das Wasser vor 66 Millionen Jahren verpestet haben. Simulationen zufolge lösten die Folgen des Einschlags Prozesse in den Ozeanen aus, die kurzzeitig zu einer explosionsartigen Vermehrung von Algen führten. Einige Arten sind als Giftproduzenten in Gewässern berühmt-berüchtigt. So könnte eine ausgedehnte Algenblüte auch zum marinen Massensterben beigetragen haben, erklären die Wissenschaftler.

Die Kreidezeit endete mit einem gewaltigen Paukenschlag: Im Bereich der mexikanischen Halbinsel Yucatan krachte vor 66 Millionen Jahren ein riesiger Asteroid auf die Erde. In der Folge rasten wohl Feuerstürme um den Planeten und es gelangten enorme Mengen Staub und Asche in die Atmosphäre. Man geht davon aus, dass die damit verbundene Verdunklung und Abkühlung verheerende Auswirkungen auf die irdischen Ökosysteme hatte. In den paläontologischen Funden aus der Zeit des Einschlags zeichnet sich auch deutlich ab, dass das Inferno mit einem dramatischen Massenaussterben verbunden war. Die Dinosaurier waren dabei die berühmtesten Opfer – doch neben den Landlebewesen verschwanden auch viele Meerestiere von der Bühne der Evolution.

Demnach boten letztlich auch die Ozeane kaum Schutz vor den Auswirkungen der kosmischen Bombe. „Die genauen Zusammenhänge zwischen dem Einschlag und den Veränderungen in der marinen Biosphäre sind bisher jedoch unklar“, sagt Julia Brugger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Was vor 66 Millionen Jahren in den Meeren abgelaufen sein könnte, haben sie und ihre Kollegen nun durch den Einsatz eines verbesserten Erdsystemmodells untersucht. Durch die Berücksichtigung zahlreicher Einflussgrößen kann es simulieren, wie die marine Biosphäre auf Veränderungen des Klimas und der Nährstoffversorgung in der Folge des Chicxulub-Einschlags reagiert haben könnte, erklären die Wissenschaftler.

Einschlags-Folgen mit Düngewirkung

Wie sie berichten, verdeutlichen die neuen Modellsimulationen, wie sich die Prozesse der Ozeanzirkulation durch die Auswirkungen von Staub und Sulfataerosolen in der Atmosphäre dramatisch veränderten: Die Blockade des Sonnenlichts führte demnach zu einer Abkühlung des Oberflächenwassers, wodurch es dichter und schwerer wurde. Diese Wassermassen sanken dann in die Tiefe ab und erzeugten dabei einen gegenläufigen Prozess: Wärmeres Wasser aus tieferen Meeresschichten strömte an die Meeresoberfläche. Dabei kam anschließend wohl ein bekannter Aspekt von Tiefenwasser zum Tragen: Es verfügt über vergleichsweise hohe Gehalte an mineralischen Substanzen mit Düngeeffekt.

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„Gleichzeitig wurden auch essenzielle Nährstoffe, insbesondere Eisen, aus der Atmosphäre in die Meere gebracht, nämlich durch den Staub, der durch den Einschlag des eisenreichen Asteroiden in die Luft geblasen wurde“, sagt Co-Autor Georg Feulner vom PIK. Die Zuströme an Nährstoffen könnten dann zu einem Effekt geführt haben, der auch von heutigen Gewässern beim Eintrag von Düngesubstanzen bekannt ist: Algen vermehren sich explosionsartig. Genau dies geht auch aus der Modellsimulation für die Zeit nach dem Einschlag hervor, berichten die Forscher.

Zunächst zeichnet sich darin zwar ein drastischer Einbruch der von Algen produzierten Biomasse durch die anfängliche Dunkelheit und Kälte ab. Doch als es dann wieder heller wurde, nahm das Algenwachstum ein überdimensionales Ausmaß an, geht aus den Modellberechnungen hervor: „Die Biomasseproduktion erreichte für kurze Zeit einen Höhepunkt mit einem Maximalwert, der etwa um den Faktor sieben höher war als vor dem Einschlag“, sagt Feulner. Obwohl die Spitze der Algenvermehrung der Modellsimulation zufolge nur wenige Jahre angehalten hat, blieb die erhöhte Produktivität bestehen und kehrte erst nach etwa 500 Jahren auf das Niveau vor dem Einschlag zurück.

Verpestetes Wasser?

Wie die Wissenschaftler erklären, könnte dies den Meeresorganismen der Zeit erhebliche Probleme bereitet haben. Denn besonders von den sogenannten Blaualgen (Cyanobakterien) ist bekannt, dass sie Substanzen freisetzen, die fatale Wirkungen haben können. „Es ist wahrscheinlich, dass die Algenblüten giftige Substanzen produzierten, die zu massiven Veränderungen im Leben in den Meeren führten“, sagt Brugger. Im Zusammenspiel mit den verschiedenen anderen Beeinträchtigungen in der Folge des Einschlags – wie der plötzlichen Verdunklung, Abkühlung und der moderaten Ozeanversauerung – liefert die Studie damit weitere Hinweise darauf, wie der Asteroideneinschlag zu einem Massenaussterben vieler mariner Arten beigetragen hat, so die Wissenschaftlerin.

Die Forscher sehen in den Hinweisen auf die Prozesse der Vergangenheit auch eine Bedeutung für die Sicht auf die heutigen Entwicklungen: „Vor 66 Millionen Jahren verursachte der Chicxulub-Einschlag rasche Umweltstörungen und setzte die Biosphäre der Erde einer Vielzahl von Belastungen aus, die schließlich zu einem großen Massenaussterben führten“, sagt Feulner. Heute steckt hingegen der Mensch hinter den drastischen Veränderungen in der Umwelt. „Obwohl die Treiber der gegenwärtigen globalen Erwärmung und der modernen Biodiversitätskrise ganz andere sind, kann uns die Vergangenheit lehren, wie eine Kombination von gleichzeitigen Belastungen das Leben auf der Erde schwer schädigen kann“, so der Wissenschaftler.

Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Fachartikel: Geophysical Research Letters, doi: 10.1029/2020GL092260

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