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Jagten Raptoren im Rudel?

Erde|Umwelt Nachgefragt

Jagten Raptoren im Rudel?
Paläontologen bezweifeln das Image der prominenten Raubsaurier. leonello/iStock

Ihre tödliche Teamarbeit hat sie berühmt gemacht: In Filmen wie „Jurassic Park“ werden die sogenannten Raptoren als soziale Räuber dargestellt, die ähnlich wie Wölfe im Rudel jagten. Doch was ist dran an diesem Image? Paläontologen stellen es nun in Frage, denn ihnen zufolge sprechen Hinweise auf Ernährungsunterschiede zwischen jungen und erwachsenen Tieren eher gegen die These vom kreidezeitlichen Rudeltier.

Neben Tyrannosaurus rex und Co sorgten sie schon mehrfach für Spannung im Kino: die sogenannten Raptoren. Es handelt sich dabei um Vertreter der Dinosauriergruppe der Dromaeosauriden – mittelgroße, auf den Hinterbeinen laufende Raubsaurier. Als Vorlage für die furchterrregenden Filmstars diente der bis zu 3,4 Meter lange Deinonychus antirrhopus, der zur Untergruppe der Velociraptorinae gehörte. Klar ist bereits, dass ein Merkmal der Raptoren in den Filmen stets falsch dargestellt wurde: Sie waren nicht nackt oder schuppenbesetzt. Denn vermutlich besaßen alle Dromaeosauriden ein Federkleid, wie mittlerweile aus zahlreichen Funden bekannt ist.

Spekulationen über Rudel-Verhalten

Doch wie sieht es mit dem Verhalten aus, das die Rolle der Raptoren in den Filmen prägt? „Da wir diese Dinosaurier nicht bei der Jagd beobachten können, müssen wir indirekte Methoden anwenden, um Rückschlüsse auf ihr Verhalten zu ziehen“, sagt Joseph Frederickson von der University of Wisconsin in Oshkosh. „Die Hinweise, wonach diese Raubsaurier im Rudel jagten, sind nur vage“, betont der Paläontologe. Bisher wurden Funde von gemeinsam fossilisierten Exemplaren als Indizien für entsprechende Verhaltensweisen gewertet. Auch Versteinerungen von Spuren der Raubsaurier, die nebeneinander verlaufen, wurden als Hinweise dafür gewertet, dass die Raptoren in Gruppen lebten und möglicherweise gemeinsam jagten.

Doch wie Frederickson und seine Kollegen erklären, sind auch andere Ursachen für diese Funde möglich. Grundsätzlich geben sie dabei zu bedenken, dass das Jagdverhalten im Rudel zwar für einige Säugetiere typisch ist, aber nicht für die nächsten noch heute lebenden Verwandten der Raptoren – die Vögel. In ihrer Studie verdeutlichen die Wissenschaftler nun, dass es auch möglich ist, dass sich die Raubsaurier ähnlich wie die heutigen Komodowarane oder Krokodile verhalten haben: Oft greifen zwar mehrere Exemplare dieser Tiere ein Opfer gleichzeitig an, doch dabei kommt es nicht zu einer komplexen Zusammenarbeit wie in einem Rudel.

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Verhalten im Spiegel von Isotopenanalysen

„Im Rahmen unserer Studie zeigen wir nun auf, dass es eine Verknüpfung zwischen dem Rudel-Jagdverhalten von Tieren und ihrer Ernährung während ihrer Entwicklung gibt“, sagt Frederickson. Bei Wolf und Co bringen erwachsene Tiere ihren Jungen die Jagdbeute – dadurch ernähren sich alle Altersstufen prinzipiell von der gleichen Nahrung. Bei Komodowaranen oder Krokodilen werden die Jungen hingegen nicht gefüttert, sondern suchen sich ihre eigenen, zumeist kleineren Beutetiere. Ihre Nahrung unterscheidet sich dadurch deutlich von derjenigen der erwachsenen Tiere, erklären die Wissenschaftler.

Um Rückschlüsse auf die Verhaltensweisen der Raptoren zu gewinnen, haben sie nun chemische Analysen von fossilen Zähnen junger und älterer Exemplare von Deinonychus durchgeführt. Wie sie erklären, hinterlässt die Ernährungsweise eines Lebewesens beim Wachstum der Zähne charakteristische Spuren in ihrem Material. Vergleiche der Isotopen-Signaturen von Kohlenstoff und Sauerstoff lassen somit Rückschlüsse darauf zu, ob sich der Speiseplan zwischen jungen und alten Exemplaren unterschied.

Wie Frederickson und seine Kollegen berichten, zeichnete sich in den Untersuchungsergebnissen ab: Ähnlich wie bei Krokodilen gab es auch bei den Raptoren einen Unterschied in der Ernährung zwischen den jungen und den erwachsenen Tieren. Darin könnte sich widerspiegeln, dass diese Raubsaurier ihrem Nachwuchs keine Nahrung brachten, wie es bei heutigen Tieren mit sozialem Jagdverhalten üblich ist. „Deshalb glauben wir, dass die Darstellung des Verhaltens der Raptoren in Jurassic Park nicht der Realität entspricht“, resümiert Frederickson. Der furchterregende Velociraptor und seine Verwandten könnten demnach ein weniger raffiniertes Jagdverhalten bezeigt haben, als Hollywood es darstellt.

Quelle: University of Wisconsin in Oshkosh, Fachartikel: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology, doi: 10.1016/j.palaeo.2020.109780

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