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Mit einem Mammut unterwegs

Erde|Umwelt

Mit einem Mammut unterwegs
Wollhaarmammut
Männliches Wollhaarmammut in Alaska. (Bild: James Havens/ University of Alaska Museum of the North)

Mammuts sind Ikonen der Eiszeitfauna, aber über ihr Leben war bislang wenig bekannt. Jetzt haben Forscher erstmals den Lebensweg eines vor 17.000 Jahren in Alaska gestorbenen Wollhaarmammuts rekonstruiert. Die aus den Isotopen seines Stoßzahns ermittelten Daten enthüllten Erstaunliches: Das Mammut wanderte im Laufe seines 28 Jahre dauernden Lebens so viel in Alaska umher, dass es die Erde hätte zweimal umrunden können. Nachdem es seinen Geburtsort im Yukon-Becken verlassen hatte, dehnte das halbwüchsige Tier seine Streifzüge über die gesamte Region aus. Auch über das Ende des Mammuts geben die Daten Auskunft. Demnach verharrte es die letzten eineinhalb Jahre in einem kleinen Gebiet nördlich der Brooks-Gebirgszugs – und verhungerte.

Mammuts waren die schwereren, zotteligen Cousins unserer heutigen Elefanten und perfekt an die harten Bedingungen der Eiszeit angepasst. Noch bis vor etwa 20.000 Jahren zogen Wollhaarmammuts (Mammuthus primigenius) in großen Herden über die Kältesteppen Europas, Nordamerikas und Asiens. Unsere Vorfahren porträtierten diese Riesen der Eiszeit in vielen ihrer Höhlenmalereien, waren die Mammuts doch eine wichtige Jagdbeute für sie. Aus zahlreichen im Permafrost gefundenen Fossilien ist heute vieles über Aussehen und Biologie dieser Tiere bekannt, auch die DNA einiger Mammut-Exemplare konnten Wissenschaftler zumindest in Teilen gewinnen und analysieren. Dennoch bergen die eiszeitlichen Rüsseltiere noch einige Geheimnisse. „Weil die Mammuts heute ausgestorben sind, wissen wir nur wenig über ihre Lebensweise, darunter die Größe ihrer Verbreitungsgebiete oder das Ausmaß ihrer Wanderungen“, erklären Matthew Wooller von der University of Alaska in Fairbanks und seine Kollegen.

Isotopen im Stoßzahn als „Tagebuch“

Dem Team ist es erstmals gelungen, die Lebenswanderung eines Wollhaarmammuts zu rekonstruieren – von seiner Geburt über Jugend und Erwachsenenalter bis zum frühen Tod mit nur 28 Jahren. Möglich wurde dies durch die 17.000 Jahre alten Überreste samt Stoßzähnen dieses Mammuts, die im hohen Norden Alaskas jenseits des Polarkreises gefunden wurden. Wie bei heutigen Elefanten wachsen die Stoßzähne eines Mammuts langsam und lagern dabei Jahresringe im Elfenbein an. „Vom Moment ihrer Geburt bis zum Tag ihres Todes tragen sie ein Tagebuch mit sich herum, eingeschrieben in ihren Stoßzähnen“, sagt Patrick Druckenmiller vom University of Alaska Museum of the North. Das Verhältnis der Strontium-Isotope 87Sr und 86Sr in den dünnen Wachstumsschichten des Stoßzahns spiegeln wider, wo sich das Mammut zu verschiedenen Zeiten seines Lebens aufgehalten hat. Weil die Böden und Pflanzen je nach Region unterschiedliche Isotopenverhältnisse aufweisen, nimmt das Tier mit seiner Nahrung die jeweils ortspezifische Mischung auf und lagert sie in den wachsenden Stoßzähnen ein.

Stoßzahn
Längs gespaltener Mammut-Stoßzahn mit blau eingefärbten Elfenbeinschichten. (Bild: JR Ancheta/ University of Alaska Fairbanks)

Für ihre Studie spalteten die Forscher den 2,40 Meter langen Stoßzahn des Mammuts und beprobten die Isotopenverteilung mit besonders hochauflösenden Trenn- und Analysemethoden. Das Resultat waren rund 340.000 einzelne Isotopen-Messdaten, die es ihnen erlaubten, die Aufenthaltsorte des Wollhaarmammuts fast bis auf die Woche genau nachzuvollziehen. Zusätzlich analysierten Wooller und sein Team auch die Sauerstoff- und Stickstoff-Isotope im Elfenbein, weil diese Auskunft über die Klimaverhältnisse und den Zustand des Mammuts geben können. DNA-Analysen hatten zuvor schon ergeben, dass es sich bei dem Tier um ein Männchen handelte.

Weite Wanderungen und Hungertod

Aus den Isotopendaten geht hervor: Das Mammut wurde im Zentrum Alaskas in der Senke des unteren Yukon-Flusses geboren. Mit seiner Herde wanderte das Jungtier dann in den folgenden Jahren in den Ebenen Zentralalaskas umher. Ähnlich wie bei heutigen Elefanten bestand die Herde des kleinen Mammutjungen wahrscheinlich aus mehreren erwachsenen Weibchen mit ihrem Nachwuchs, wie die Wissenschaftler erklären. Das Wanderungsgebiet der Mammutherde erstreckte sich dabei von der Südseite der Brooks-Range im Norden bis an die Küste des Golfs von Alaska. Im Alter von rund 16 Jahren veränderte sich das Leben des jungen Wollhaarmammuts jedoch abrupt, wie ein plötzlicher Wechsel zu deutlich stärkeren Schwankungen im Isotopenmuster verraten. „Dies reflektiert wahrscheinlich den Übergang zum fortpflanzungsfähigen Alter und den Beginn von weiteren Wanderungen zwischen Zentralalaska und der Nordseite des Brooks Range“, schreiben Wooller und seine Kollegen. Ähnlich bei Elefanten trennten sich junge Mammutbullen mit der Geschlechtsreife wahrscheinlich von ihrer Herde und zogen fortan allein oder in Junggesellengruppen umher.

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Während seiner Streifzüge durch Alaska legte das Mammut erstaunliche Entfernungen zurück: Die im Laufe seines Lebens zurückgelegten Strecken entsprechen fast einer doppelten Umrundung der Erde, wie das Team ermittelte. „Es ist noch nicht ganz klar, ob diese Mammuts saisonale Wanderer waren, aber in jedem Falle kamen sie weit herum“, sagt Wooller. Das änderte sich aber in den letzten eineinhalb Jahren vor dem Tod des Wollhaarmammuts. Den Isotopendaten zufolge hielt sich das Tier in dieser Zeit nur noch in einem kleinen Gebiet nördlich der Brooks Range auf. „Dort starb es wahrscheinlich an Hunger“, berichten die Forscher. Erkennbar sei dies an einem deutlichen Anstieg des Stickstoff-Isotops 15N im Mammutstoßzahn sowie einem korrespondierenden Absinken der Kohlenstoff-13-Werte. Aus den Isotopendaten geht zudem hervor, dass das Tier im Spätwinter oder frühen Frühjahr starb – vermutlich ausgezehrt von der entbehrungsreichen kalten Jahreszeit.

Quelle: Matthew Wooller (University of Alaska, Fairbanks) et al., Science, doi: 10.1126/science.abg1134

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