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Rekordhoch für Methanemissionen

Erde|Umwelt

Rekordhoch für Methanemissionen
Methan
Hotspots der Methanemission. (Bild: NASA Scientific Visualization Studio)

Auch wenn Methan in weit geringerem Anteil in der Atmosphäre vertreten ist als Kohlendioxid, spielt es wegen seiner fast 30-fach höheren Treibhauswirkung eine wichtige Rolle für das Erdklima. Doch auch die Emissionen dieses potenten Klimagases steigen. Forscher haben ermittelt, dass die weltweiten Methanemissionen seit 2000 um 50 Millionen Tonnen pro Jahr gestiegen sind. 2017 wurde dadurch ein neuer Rekordwert erreicht. Rund zwei Drittel des anthropogenen Anteils stammt aus der Landwirtschaft, ein Drittel aus der Industrie. Die größten Zunahmen im Methanausstoß gibt es in Afrika, Südasien und Südostasien. Europa ist die einzige Region mit sinkenden Emissionen.

Das Gas Methan wird sowohl von menschlichen Aktivitäten wie von natürlichen Quellen produziert. In der Natur setzen vor allem Sümpfe, Feuchtgebiete, Seen und auch der auftauende Permafrostboden das Klimagas frei. Denn Methan entsteht, wenn Mikroorganismen im Boden organisches Material unter Ausschluss von Sauerstoff zersetzen. Solche natürlichen Quellen sind für gut 40 Prozent der gesamten Methanemissionen verantwortlich. Der Rest stammt aus anthropogenen Quellen. Abgegeben wird das Gas bei der Förderung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas, aber auch von Deponien, bei industriellen Prozessen und von der Landwirtschaft. Besonders groß ist dabei der Anteil der Rinder- und Schafzucht: „Die Methanemissionen von Rindern und anderen Pflanzenfressern sind fast so groß wie die der fossilen Brennstoffindustrie“, erklärt Robert Jackson von der Stanford University.

Emissionszunahme um 50 Millionen Tonnen pro Jahr

Bereits im November 2019 berichtete die World Meteorological Organization (WMO), dass die Methanwerte in der Erdatmosphäre ein neues Rekordhoch erreicht haben: Der Gehalt dieses Gases lag 2019 um 259 Prozent über dem präindustriellen Wert. Welchen Anteil daran die anthropogenen Emissionen haben und wie diese sich von 2000 bis 2017 entwickelt haben, haben nun Jackson und sein Team unter anderem mittels Satellitendaten untersucht. Für 2018 und 2019 waren noch keine vollständigen Emissionsdaten verfügbar. Die Auswertungen ergaben: Im Jahr 2017 stiegen die jährlichen Methanemissionen auf fast 600 Millionen Tonnen – ein neuer Rekordwert. Ursache dieses Höchstwertes ist eine stetige Zunahme des Methanausstoßes um neun Prozent oder rund 50 Millionen Tonnen pro Jahr, wie die Forscher berichten. Knapp 60 Prozent dieser Emissionen stammen aus anthropogenen Quellen.

Den größten Anteil an den anthropogenen Methanemissionen hat mit zwei Dritteln die Landwirtschaft. Ihr Ausstoß ist bis 2017 auf 227 Millionen Tonnen angestiegen – dies sind elf Prozent mehr als der Jahresmittelwert der Zeit von 200 bis 2006. Methan aus fossilen Quellen hat 2017 einen Ausstoß von 108 Millionen Tonnen erreicht, dies sind 15 Prozent mehr als in der früheren Periode. Gehe dieser Trend so weiter, verstärke dies die Entwicklung hin zu einer globalen Erwärmung um drei bis vier Grad über präindustriellen Werten bis Ende des Jahrhunderts, so Jackson und sein Team. Wie sie erklären, entspricht die seit 2000 zusätzlich freigesetzte Methanmenge den doppelten Treibhausgas-Emissionen Deutschlands oder 350 Millionen mehr Autos auf den Straßen der Welt.

Größter Anstieg in Afrika, China und Südostasien

Die stärksten Zunahmen der Methanemissionen hat es in Afrika und dem mittleren Osten, in China und in Südostasien und Ozeanien gegeben, wie die Forscher ermittelten. In jeder dieser drei Regionen stiegen die Emissionen seit dem Jahr 2000 um rund zehn bis 15 Millionen Tonnen pro Jahr. Generell verzeichnen die Daten einen stärkeren Anstieg der Emissionen in den Tropenregionen als in borealen und polaren Breiten. Auch im arktischen Permafrost konnte die Wissenschaftler bislang keinen Anstieg der Methanfreisetzung feststellen, wie sie berichten. An vierter Stelle stehen die USA mit einem Anstieg von jährlich 4,5 Millionen Tonnen. Hauptquelle der Emissionen ist dort die zunehmende Förderung von Erdgas und Erdöl. „Die Nutzung von Erdgas verdrängt die Kohle in der Stromproduktion und reduziert dadurch die Kohlendioxid-Emissionen“, erklärt Jackson. „Aber dafür steigen nun die Methanemissionen in diesem Sektor.“ Durch Lecks in Förderanlagen, Pipelines und Tanks kommt es dabei immer wieder zu Gasaustritten.

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Europa ist nach Angaben der Forscher die einzige Region, in der der anthropogene Methanausstoß in den letzten zwei Jahrzehnten gesunken ist. „Strengere Richtlinien und besseres Management haben die Methanfreisetzung aus Deponien, Gülle und anderen Quellen hier in Europa reduziert“, sagt Co-Autorin Marielle Saunois von der Universität von Versailles Saint-Quentin. Auch Emissionen aus der Chemieindustrie und der landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion seien stärker kontrolliert worden. Ähnliche Maßnahmen seien auch in anderen Regionen der Erde dringend nötig. „Wir müssen vor allem die mit der Rinderzucht und dem Reisanbau verknüpften Methanemissionen senken sowie Erdöl und Erdgas als Brennstoffe in unseren Häusern und Autos ersetzten“, betont Jackson. Außerdem sei es notwendig, Methanquellen besser zu überwachen, beispielwiese durch Satelliten, aber auch Drohnen.

Große Hoffnung, dass die Corona-Pandemie den weltweiten Methanausstoß gedämpft haben könnte, machen die Forscher nicht. „Es besteht keine Chance, dass die Methanemissionen wegen des Virus so stark abgesunken sind wie die Kohlendioxidemissionen“, sagt Jackson. „Denn die Landwirtschaft wächst weiter und wir haben auch unsere Häuser und Gebäude weiter geheizt.“ Ohne gezielte Maßnahmen in der Landwirtschaft, der Öl- und Gasförderung und der Industrie sei keine Trendwende zu erwarten.

Quelle: Environmental Research Letters, doi: 10.1088/1748-9326/ab9ed2; Earth System Science Data, doi: 10.5194/essd-12-1561-2020

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