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Sind Europas Pflanzen schlecht gerüstet?

Erde|Umwelt

Sind Europas Pflanzen schlecht gerüstet?
Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) diente als Modellpflanze. (Foto: MPI für Entwicklungsbiologie)

Arten, die sich nicht anpassen können, verschwinden: Dieses evolutionäre Prinzip gilt auch für die Pflanzen im Rahmen des Klimawandels. Welches genetische Potenzial die europäischen Arten haben, um sich auf die zunehmende Trockenheit einzustellen, haben nun Forscher am Beispiel der Modellpflanze Ackerschmalwand untersucht. Günstige Genvarianten sind bei ihr demnach selten, was sich kritisch auf die Entwicklung der Art auswirken könnte. Der Befund lässt sich wahrscheinlich auch auf andere Pflanzenarten übertragen, sagen die Forscher.

Klar scheint: Für viele europäische Pflanzenarten ist der Klimawandel eine enorme Herausforderung, der einige ohnehin schon bedrohte Arten wohl nicht gewachsen sein werden. Aus evolutionsbiologischer Sicht verschärfen die klimatischen Veränderungen den Selektionsdruck: Es überleben nur Individuen einer Art, die Merkmale besitzen, die ihnen etwa mehr Trockentoleranz vermitteln. Hat eine Spezies die entsprechende genetische Vielfalt nicht zu bieten, verschwindet sie aus den betroffenen Verbreitungsgebieten oder stirbt ganz aus. Wie die Forscher um Moises Exposito-Alonso vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen betonen, wurde bei der Betrachtung der Bedrohung der biologischen Vielfalt durch den Klimawandel diese genetische Verfassung von Arten bisher kaum beachtet.

Anpassungspotenzial im Fokus

Um dazu nun grundlegende Informationen zu sammeln, haben sie Untersuchungen an der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) durchgeführt. Es handelt sich bei diesem in Europa weit verbreiteten Gewächs um das „grüne Versuchskaninchen“ der Wissenschaft – keine andere Pflanze ist genetisch so gut erforscht wie Arabidopsis. Für die Untersuchungen haben Exposito-Alonso und seine Kollegen über 500 natürliche Arabidopsis-Linien von unterschiedlichen geografischen Standorten in Europa zusammengetragen und in Spanien und Deutschland unter verschiedenen Bedingungen kultiviert.

Die Forscher waren besonders daran interessiert, inwieweit die individuelle Mischung unterschiedlicher Genvarianten in einer Pflanze die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaextremen beeinflussen kann. Die aus den Feldversuchen gewonnenen Daten haben die Forscher dann mit Modellen zum Effekt des Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten kombiniert. Auf diese Weise konnten sie Rückschlüsse ziehen, wie die vom Menschen verursachten Temperatur- und Niederschlagsveränderungen die genetische Vielfalt der Art verändern könnten.

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Genetische Vielfalt bedroht

Aus ihren Ergebnissen geht hervor: Einige wenige Arabidopsis-Pflanzen besitzen das genetische Potenzial, um auch bei starker Trockenheit und Hitze überleben zu können. Die meisten wären aber der für 2050 prognostizierten Trockenheit auf der iberischen Halbinsel, in Frankreich, Italien und Südosteuropa nicht gewachsen. Das bedeutet, dass die Art dort einem Flaschenhals-Effekt unterliegen würde: Nur die wenigen Individuen mit günstiger genetischer Ausstattung würden zur Grundlage des Bestands werden. Das bedeutet wiederum: Die für eine Art wichtige genetische Vielfalt sinkt. „Unsere Berechnungen zeigen, dass die genetische Vielfalt von Arabidopsis bis zum Jahr 2050 deutlich schwinden wird. Es werden vor allem die Mutationen profitieren, die die Pflanzen widerstandsfähiger gegenüber den zukünftigen Klimaextremen in Süd- und Südosteuropa machen werden“, so Exposito-Alonso.

Doch was bedeutet das nun für die europäische Pflanzenwelt? Für die meisten Pflanzen fehlen zwar noch ausreichende genetische Informationen, um ihre Fitness in Zeiten des Klimawandels beurteilen zu können. Doch was für Arabidopsis gilt, gilt vermutlich auch für viele andere Arten, sagen die Forscher. Die Ergebnisse legen nahe, dass viele heute in Europa heimische Pflanzen nicht die genetischen Voraussetzungen zum Überleben in den klimatischen Randzonen des Mittelmeeres und Nordeuropas haben, wo voraussichtlich die Regenmengen sinken und die Durchschnittstemperaturen steigen, resümieren Exposito-Alonso und seine Kollegen.

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1520-9

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