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Umpolung kommt doch nicht

Erde|Umwelt

Umpolung kommt doch nicht
Magnetfeld
Vor 48.500 Jahren schwächte sich das Magnetfeld ähnlich ab wie heute, erholte sich dann aber wieder (Grafik: M. Korte)

Das Erdmagnetfeld „schwächelt“ seit einiger Zeit, doch ob dies eine bevorstehenden Umpolung ankündigt, war bisher strittig. Jetzt geben Forscher nach Vergleichen mit vergangenen Ereignissen dieser Art Entwarnung: Das Muster der aktuellen Abschwächung passt demnach nicht zu einer kommenden Polumkehr. Stattdessen ähnelt es zwei vorübergehenden Schwächephasen vor einigen zehntausend Jahren, nach denen sich das Erdmagnetfeld aber wieder erholte.

Das Erdmagnetfeld ist für das Leben auf der Erde entscheidend, denn es schirmt die Biosphäre vor einem Großteil der energiereichen kosmischen Strahlung ab. Doch dieser magnetische Schutzschirm ist nicht unveränderlich: Im Laufe der Erdgeschichte hat die Erde immer wieder Umpolungen erlebt – zuletzt vor rund 780.000 Jahren. Dabei wechselt das Dipolfeld der Erde seine Polarität und der magnetische Nordpol wird zum Südpol und umgekehrt. Bevor sich jedoch diese neue Polung stabilisiert, wird das Erdmagnetfeld immer schwächer, der geordnete Dipol löst sich auf und stellenweise kann das Magnetfeld sogar völlig verschwinden. In dieser Umbruchsphase ist die Erdoberfläche dadurch kaum noch vor der harten Strahlung aus dem All geschützt.

Vorzeichen für eine Umpolung?

In den letzten Jahren haben Forscher mehrere Trends beim Erdmagnetfeld festgestellt, die möglicherweise als Vorzeichen einer solchen Umbruchsphase gewertet werden könnten. So hat die Stärke des irdischen Magnetfelds in den letzten 200 Jahren kontinuierlich abgenommen – um rund fünf Prozent pro Jahrhundert. Über dem südlichen Atlantik und Südamerika hat sich zudem eine ausgeprägte Schwächezone gebildet, die als südatlantische Anomalie bezeichnet wird. Die erhöhte Strahlenbelastung in diesem Gebiet führt schon jetzt zu häufigeren Satellitenausfällen als anderswo. Andererseits aber ist das Magnetfeld heute trotz Schwächezone und Abnahme der Feldstärken noch immer stärker ist als in weiten Teilen der jüngeren Erdgeschichte. Zudem hat es in der Erdgeschichte immer wieder Schwankungen des Magnetfelds gegeben, die längst nicht alle zu einer Polumkehr führten. Ob die gegenwärtige Entwicklung tatsächlich eine Polumkehr ankündigt oder nicht, ist daher bisher strittig.

Jetzt haben Maxwell Brown von der Universität Island und seine Kollegen Indizien dafür gefunden, dass die gegenwärtige Entwicklung wohl eher kein Grund zur Sorge ist. Für ihre Studie hatten die Forscher paläomagnetische Messdaten aus Sedimentbohrkernen und vulkanischen Gesteinen aus verschiedenen Regionen der Erde ausgewertet. Die im Gestein enthaltenen magnetischen Minerale, darunter Magnetit und Hämatit „speichern“ die Ausrichtung und Stärke des Erdmagnetfelds zur Zeit ihrer Bildung und können so als Zeitzeugen vergangener Magnetereignisse dienen. Die Forscher konzentrierten sich dabei auf die Zeit vor 50.000 bis 30.000 Jahren, weil in dieser Phase das Erdmagnetfeld zweimal kurzzeitig „umkippte“, dann aber wieder zum Ursprungszustand zurückkehrte. Diese sogenannten Exkursionen ereigneten sich vor 41.000 und 34.000 Jahren. Die Frage war: Ähnelt das Muster dieser Exkursionen dem heute beobachteten?

Entwarnung – zumindest für die Polumkehr

Die Ergebnisse geben Entwarnung: „Wir zeigen, dass keine der beiden Exkursionen eine Feldentwicklung zeigte, die den heutigen Veränderungen ähnelt“, berichten die Forscher. Vor den früheren Polumkehrungen war der Dipol des Magnetfelds demnach deutlich stärker geschwächt und wurde stellenweise von den komplexen Feldstrukturen überdeckt. Zu Beginn der Laschamp-Exkursion vor 41.000 Jahren wies das Feld zudem eine deutlich andere Verteilung von Schwächezonen auf als heute, wie die Rekonstruktion ergab. „Aus unserer Betrachtung der vergangenen 50.000 Jahre schließen wir, dass die heutige südatlantische Anomalie nicht als Beginn einer Feldumkehr gedeutet werden kann“, berichtet Co-Autorin Monika Korte vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam.

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Allerdings gab es in der Vergangenheit durchaus zwei Zeiträume, in denen das Magnetfeld ein sehr ähnliches Muster der Schwächezonen und der Abnahme der Feldstärke zeigte wie heute. Doch in beiden Fällen nahm die Feldstärke in diesen Schwächezonen nach einiger Zeit wieder zu und die Anomalien verschwanden, ohne dass es zu einer Polumkehr kam. „Das spricht dafür, dass sich auch das aktuelle geschwächte Feld ohne ein solches Extremereignis wieder erholen wird“, sagen die Forscher. Auch die südatlantische Schwächezone sei höchstwahrscheinlich vorübergehend und kein Vorzeichen einer sich anbahnenden Polumkehr. Wie die Wissenschaftler betonen bedeutet dies jedoch nicht, dass sich die Schwächezone über den Südatlantik nicht zunächst noch verschlimmern könnte. Ihren Schätzungen nach könnte die Feldstärke in diesem Gebiet noch über einige Jahrhunderte weiter abnehmen. „Das hätte erhebliche Konsequenzen“, betonen sie. „Denn schon die jetzige Schwächezone hat zu vermehrten Ausfällen der Elektronik auf Satelliten niedrigen Erdorbit geführt – und solche Probleme könnten in Zukunft dann noch häufiger auftreten.“

Quelle: Maxwell Brown (Universität Island, Reykjavik) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1722110115

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