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Vulkanische Glutwolken reiten auf Kissen

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Vulkanische Glutwolken reiten auf Kissen
Zur Simulation eines pyroklastischen Stroms haben die Forscher aufwendige Experimente durchgeführt. (Bild: Gert Lube et al.)

Donnernd rast das heiße Gas-Partikel-Gemisch vom Vulkan herab und verwüstet das Umland kilometerweit: Pyroklastische Ströme gehören zu den verheerendsten Aspekten von Vulkanausbrüchen. Nun hat ein Forscherteam experimentell geklärt, wie die Glutwolken ihre erstaunlichen Geschwindigkeiten und Reichweiten erlangen. Das strömende Gemisch erzeugt demnach in seinem unteren Bereich ein Luftkissen, das die Reibung mit dem Untergrund verringert. Auf dieser Schicht kann die tödliche Wolke dann energiesparend gleiten und für weitreichende Zerstörungen sorgen.

Das berühmteste Opfer eines pyroklastischen Stroms war wohl die Stadt Pompeji: Ein heißes Gas-Material-Gemisch raste nach dem Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79 n. Chr. von den Flanken des Vulkans herab, begrub die antike Stadt und verwandelte sie in eine bizarre Zeitkapsel. Seither haben pyroklastische Ströme immer wieder für verheerende Verwüstungen und enorme Opferzahlen gesorgt. Schätzungen zufolge sind sie für etwa 50 Prozent der Todesfälle im Rahmen von Vulkanausbrüchen verantwortlich.

Forscher lassen’s experimentell krachen

Pyroklastische Ströme entstehen, wenn ein Teil der Eruptionssäule nach dem Ausbruch in sich zusammensackt oder wenn der Lavadom eines Vulkans kollabiert. Das Resultat sind bis zu 1000 Grad Celsius heiße Gas-Partikel-Gemische, die enorm Fahrt aufnehmen: Mit Geschwindigkeiten von hunderten Kilometern pro Stunde brechen sie über das Umland des Vulkans herein, können viele Kilometer weit vordringen und dabei auch topografische Hindernisse überwinden. Diese erstaunliche Mobilität der tonnenschwer beladenen Wolken erstaunt Geologen schon lange. Die verantwortlichen Prozesse bei einem tatsächlichen Vulkanausbruch zu untersuchen, ist aus nachvollziehbaren Gründen allerdings kaum möglich.

Um dennoch Einblicke zu erhalten, haben die Forscher um Gert Lube von der Massey University in Neuseeland nun aufwendige Experimente durchgeführt.
Zur Simulation eines pyroklastischen Stroms ließen sie über eine Tonne heißes vulkanisches Material insgesamt 35 Meter weit donnern. Das Material rauschte dabei zunächst durch einen schrägen Versuchskanal und gelangte dann in eine Auslaufzone. Welche Prozesse dabei abliefen, erfassten die Wissenschaftler durch Aufnahmen mittels Hochgeschwindigkeits-Kameras.

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Eine aufgeblähte Schicht bildet die rutschige Unterlage

Die Auswertungen der Aufnahmen und anschließende Modellierungen der Prozesse ergaben: An der Basis des pyroklastischen Flusses bildet sich eine luftreiche Schicht, welche die Reibung verringert und somit den Bremseffekt auf den Strom. Wie die Forscher erklären, entsteht das Luftkissen dadurch, dass sich die Hochdruckzone des wirbelnden Materie-Gas-Gemischs im Zuge der Bewegung vom Boden abhebt. Dadurch bildet sich unter dieser Schicht eine Region mit vergleichsweise geringem Druck, was zu einem Einströmen von Luft führt. Somit bildet sich eine Art Luftkissen, auf dem der Rest des Stroms gleiten kann. Durch einen positiven Rückkopplungsmechanismus im Rahmen der Dynamik wird dieser Luftschmierungs-Effekt immer weiter aufrechterhalten, berichten die Forscher.

Die Ergebnisse erklären somit nun, wie es möglich ist, dass sich die tonnenschwer mit Material beladenen Wolken oft so erstaunlich weit ins Land ausbreiten können – mit teils katastrophalen Folgen für die Bevölkerung. In diesem Zusammenhang hoffen die Forscher nun, dass ihre Daten zu einer Verbesserung von Gefahrenmodellen beitragen können. Konkret könnten sie helfen, im Zusammenhang mit verdächtigen Vulkanen die möglichen Geschwindigkeiten und Reichweiten der pyroklastischen Ströme besser einzuschätzen.


Quelle: Nature Geoscience, doi: 10.1038/s41561-019-0338-2

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