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Wie sich die ersten Wurzeln entwickelten

Erde|Umwelt

Wie sich die ersten Wurzeln entwickelten
Asteroxylon mackiei
Künstlerische Rekonstruktion von Asteroxylon mackiei. (Bild: Matt Humpage)

Als die Pflanzen das Land eroberten, mussten sie ganz neue Strukturen entwickeln – darunter auch die Wurzeln. Wie sich diese entwickelten, verrät nun das Fossil eines urzeitlichen Bärlapp-Vorläufers, das Paläontologen in Schottland entdeckt haben. An dem 407 Millionen Jahre alten Fossil ist erkennbar, dass die ersten wurzelähnlichen Auswüchse durch einen heute ausgestorbenen Mechanismus entstanden: Ein Blattspross bildete dabei eine Verzweigung, bei der ein Teil ein Spross mit Blattansätzen blieb, der andere aber zu einer morphologisch klar unterscheidbaren Vorform der Wurzel wurde. Solche Verzweigungen in zwei verschiedene Achsentypen gibt es bei heutigen Pflanzen nicht mehr, sie könnten aber eine evolutionär wichtige Übergangsform zu echten Wurzeln gewesen sein.

Über Milliarden Jahre hinweg gab es auf unserm Planeten nur aquatisches Leben – die Landmassen waren kahl und unbewohnt. Doch vor knapp 500 Millionen Jahren änderte sich dies: Die ersten noch algenartigen Pflanzen begannen, das Land zu besiedeln. Forscher vermuten, dass eine Symbiose mit pilzähnlichen Organismen es ihnen erlaubte, Schutzschichten gegen Austrocknung und stabilere Zellwände zu entwickeln. Im Laufe der Zeit passten sich diese erste Vegetation immer besser an die Bedingungen an Land an, bis sich dann vor gut 400 Millionen Jahren die ersten Vorläufer der echten Landpflanzen entwickelten. Sie bildeten erstmals typische Pflanzenteile wie Blätter, Sprossachsen oder Wurzeln aus.

Ein komplettes Ökosystem im Hornstein

Wie diese frühen Vertreter der Landpflanzen aussahen, ist besonders gut im sogenannten Rhynie Chert in Schottland konserviert. Diese Hornstein-Formationen aus dem frühen Devon sind so feinkörnig, dass selbst feinste Details erhalten geblieben sind. „Der Rhynie Chert konserviert das komplette Ökosystem rund um eine heiße Quelle, Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroben sind hier in situ erhalten“, erklären Alexander Hetherington von der University of Edinburgh und seine Kollegen. Sie haben anhand von Fossilien der fossilen Pflanzenart Asteroxylon mackiei nun rekonstruiert, wie sich die ersten Vorformen der Wurzeln bei diesen frühen Landpflanzen entwickelten. Asteroxylon gehört zu den Lycophyten, einer Gruppe, zu der heute nur noch wenige Pflanzen zählen, darunter die Bärlappgewächse. Die 3D-Rekonstruktion dieser Pflanze aus dem Devon ist die erste aus dieser Zeit, die ausschließlich auf fossilen Belegen beruht.

„Das Verständnis der Struktur und der Entwicklung dieser Pflanzen aus dem frühen Devon gibt uns einen Einblick in die Schlüsselzeit der Erdgeschichte, kurz nachdem die Pflanzen die trockenen Oberflächen der Kontinente besiedelten und sich über das Land auszubreiten begannen“, sagt Seniorautor Liam Dolan vom Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie in Wien. Die Rekonstruktion der Anatomie von Asteroxylon mackiei enthüllt, dass diese Pflanzen zwar schon Blattachsen, Sprossachsen und wurzelartige Ausläufer besaßen. Aber ihre Wurzeln bildeten sich auf eine ganz andere Art als bei heutigen Pflanzen. Bei diesen entstehen Wurzeln und andere Pflanzenachsen immer durch eine gleichartige Verzweigung: Aus einem Hauptast gehen immer zwei Wurzeln der gleichen Sorte hervor – zwei Wurzeln oder zwei Sprossachsen.

Ungleiche Verzweigung

Doch bei dem urzeitlichen Bärlapp-Vorläufer war dies anders: „Die Wurzeln von Asteroxylon entwickelten sich, als eine sprossähnliche Achse eine Gabelung bildete, bei der eine Zinke ihre Sprossidentität behielt und die zweite ihre Wurzelidentität entwickelte“, erklärt Dolan. Ein Ausläufer dieser Verzweigung trug dabei Blattansätze, Spaltöffnungen und eine Kutikula wie für Sprossachsen typisch, der andere dagegen hatte weder Blattansätze noch eine Kutikula und die Leitbündel wiesen eine andere Form auf. Diese in den Fossilien sichtbaren Merkmale belegen, dass diese frühe Landpflanze ihre wurzelartigen Ausläufer noch durch eine anisotome Dichotomie bildete – eine ungleichartige Teilung. „Bei lebenden Pflanzen entwickeln sich Wurzeln nicht auf diese Weise, was zeigt, dass dieser Mechanismus der Wurzelbildung heute ausgestorben ist“, sagt Dolan.

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Nach Ansicht der Forscher repräsentiert Asteroxylon damit eine Übergangsform von primitiven Landpflanzen ohne die typische Teilung in Blätter, Spross und Wurzeln hin zu den höheren Pflanzen mit deutlich abgrenzten Pflanzenteilen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die anisotome Dichotomie wahrscheinlich der Schlüssel für die Entwicklung des bereits komplexen Bauplans von Asteroxylon mackiei war“, konstatieren Hetherington und sein Team.

Quelle: Alexander Hetherington (University of Edinburgh) et al., eLife, doi: 10.7554/eLife.69447

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