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7000 Meilen unterwegs

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7000 Meilen unterwegs
Helles Lagerbier wird mithilfe einer Bierhefe gebraut, die ursprünglich aus einer Mischung zweier Bierhefearten entstanden ist: Saccharomyces cerevisiae heißt die eine Spezies, die zweite war bisher unbekannt. Jetzt ist ein internationales Forscherteam der langgesuchten Unbekannten jedoch dicht auf der Spur: Die Hefe stammt vermutlich aus Patagonien und wurde von den Forschern ?Saccharomyces eubayanus? getauft.

Bier wird schon seit vielen Jahrhunderten gebraut. Ursprünglich wurde dabei vor allem die gut gezüchtete Hefe Saccharomyces cerevisiae genutzt, die zur Herstellung von dunklem Bier, Wein und Sauerteig diente. Im 15. Jahrhundert aber schlich sich ein blinder Passagier auf die Schiffe, die zwischen Europa und Amerika verkehrten: eine Hefeart, die bis in die Kavernen und Klosterkeller Bayerns gelangte. Dort fusionierte sie mit ihrer entfernten Verwandten Saccharomyces cerevisiae. Es entstand die heutige Brauhefe, auch Saccharomyces pastorianus genannt. Sie ermöglichte den Braumeistern, das Bier auch bei niedrigen Temperaturen herzustellen. Es entstand die heute wohl beliebteste Sorte: helles, klares untergäriges Bier.

Welche Hefeart Saccharomyces pastorianus jedoch die Fähigkeit verlieh, sich auch bei kalten Temperaturen wohl zu fühlen und damit das kühle Helle zu produzieren, war bisher unklar. ?Menschen haben seit Jahrhunderten nach der Art gesucht?, erklärt Chris Todd Hittinger, Professor für Genetik an der University of Wisconsin-Madison und Co-Autor der aktuellen Studie, in der ein internationales Forscherteam jetzt die fehlende Hefeart identifizieren konnte. Dazu führten die Wissenschaftler aus Portugal, Argentinien und den USA zunächst eine Vorstudie durch, in der sie bei verschiedenen, schon bekannten Saccharomyces -Arten eine DNA-Sequenzierung vornahmen. Das Besondere an ihnen war, dass sie alle kältetolerant waren, was für Hefen eigentlich ungewöhnlich ist. Da aber die Herstellung hellen Biers bei niedrigen Temperaturen möglich ist, muss die fehlende Art wohl S.pastorianus zu dieser Fähigkeit verholfen haben. Daher sequenzierten die Forscher auch S.pastorianus. Durch einen Vergleich der DNA-Sequenzen wollten die Wissenschaftler der unbekannten Art auf die Spur kommen.

Die Forscher begannen ihre eigentliche Suche in Europa, wo sie alle schon bekannten Hefearten untersuchten und auch neue Arten zu identifizieren versuchten. Nachdem ihre Anstrengungen jedoch erfolglos blieben, weiteten sie die Suche auf die gesamte Welt aus. Fündig wurde das Team schließlich in den südlichen Buchenwäldern Patagoniens. Dort herrscht eine relativ niedrige jährliche Durchschnittstemperatur, mit Höchstwerten von 22 bis 23 Grad und Minimalwerten von -1 bis -2 Grad Celsius. Hier fanden die Wissenschaftler eine bisher unbekannte Art, bei der sich durch den Vergleich der Genome zeigte: ?Sie hat zu jeder bekannten Wildart der Hefe Unterschiede im Genom, aber zu 99,5 Prozent ist sie identisch mit dem Teil des Lagerbiergenoms, der nicht von S.cerevisiae stammt?, sagt Hittinger.

Diese neue Art benannten die Forscher S.eubayanus, nach dem schon bekannten Stamm S.bayanus, der ein komplexer Mischling aus weiteren drei Hefearten und nur im Brauereiwesen zu finden ist. Grund für den ähnlichen Namen ist eine 33-prozentige Übereinstimmung der Genome der beiden Arten.

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?Unsere Entdeckungen lassen darauf schließen, dass die Vermischung sofort zu einem ersten Prototypen der Lagerbierhefe führte, der mehr tolerant gegenüber Kälte war als die dunkle Bierhefe und ideal war für die kalten Bayerischen Lagerprozesse?, betont Hittinger. Auch konnten die Wissenschaftler somit eine Fremdeinwirkung durch einen komplett anderen Genomspender für S.pastorianus ausschließen.

Libkind (Institute of Biodiversity and Environment Research CONICET) et al.: PNAS, doi : 10.1073/pnas.1105430108 wissenschaft.de ? Tabea Osthues
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