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Älteste Pilz-Fossilien entdeckt?

Erde|Umwelt

Älteste Pilz-Fossilien entdeckt?
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Mycel eines Pilzes. Wie alt diese Lebensform ist, war bisher unklar. (Foto: Kichigin/ iStock)
Wieder liefert ein Fossil spannende Einblicke in die früheste Ära des irdischen Lebens: In Südafrika haben Forscher möglicherweise die ältesten bekannten Überreste eines Pilzes entdeckt. Es handelt sich um winzige Filamente, die in 2,4 Milliarden Jahre altem Basaltgestein konserviert sind. In ihrer Größe, Form und Struktur ähneln diese verzweigten Fäden stark dem Myzel einiger heutiger Pilzarten, wie die Wissenschaftler berichten. Sollte sich ihre Zuordnung dieser Mikrofossilien zu den Pilzen bestätigen, wären diese deutlich früher und in ganz anderen Lebensräumen entstanden als bisher angenommen.

Wann die ersten Eukaryoten entstanden – und damit der mit einem Zellkern ausgestattete Zelltyp aller höheren Lebewesen – ist noch immer ungeklärt. Denn Fossilien dieser allerersten, wahrscheinlich noch einzelligen Ur-Eukaryoten wurden bisher nicht gefunden. Forscher gehen aber davon aus, dass sich der Urahn aller höheren Zellen schon vor rund 2,7 Milliarden Jahren entwickelt haben könnte. Aus ihm bildeten sich dann die Vorfahren aller Pflanzen, Tiere und Pilze. Während Paläontologen erst vor Kurzem mögliche fossile Vertreter e iner sehr frühen Urpflanze in Indien entdeckt haben, fehlte es für die Pilze bisher an ähnlich alten Fossilien. Der älteste bekannte Beleg für einen urzeitlichen Pilz ist ein rund 440 Millionen Jahre altes versteinertes Pilzmyzel, das von einem der ersten landlebenden Vertreter dieser Organismengruppe stammen könnte. Doch viele Forscher gehen davon aus, dass die Entwicklung der Pilze weitaus früher einsetzte – ob dies jedoch auf dem Land oder unter Wasser geschah, blieb bisher offen.

Verzweigte Filamente im Urzeit-Basalt

Ein neuer Fund von Stefan Bengtson vom Schwedischen Museum für Naturgeschichte in Stockholm und seinen Kollegen könnte nun ein neues Licht auf die Entwicklungsgeschichte der Pilze werfen. Für ihre Studie hatten die Forscher Bohrkerne aus der 900 Meter dicken Ongeluk-Basaltformation in Südafrika untersucht. Diese Basalte wurden vor rund 2,4 Milliarden Jahren gebildet, als heiße Lava aus vulkanischen Spalten am Meeresgrund quoll. In den Bohrkernproben aus diesem Basalt entdeckten die Wissenschaftler eine Vielzahl verzweigter, feiner Filamente. Diese haben einen Durchmesser von nur rund zwei bis zwölf Mikrometer und sind damit dünner als ein menschliches Haar. Häufig bilden die Fäden Verzweigungen oder scheinen in sogenannten Anastomosen wieder miteinander verschmelzen, wie die Forscher berichten. Einige Fäden tragen kugelige, fünf bis zehn Mikrometer große Verdickungen an ihren Enden. „Ein wiederkehrendes Merkmal sind auch Filamentbündel, die eine besenartige Struktur bilden“, so Bengtson und seine Kollegen. „In einigen Hohlräumen bestehen diese Besen aus Dutzenden von verzweigten Filamenten.“

Doch sind diese Filamente tatsächlich biologischen Ursprungs? Immerhin können auch geologische Prozesse in Gesteinsritzen filamentartige Strukturen erschaffen. Nach Ansicht von Bengtson und seinen Kollegen sprechen jedoch gleich mehrere Merkmale der neuentdeckten Filamente gegen eine bloß geologische Formation. Dazu gehören die Form und Größe der kugeligen Strukturen, die am ehesten Pilzsporen ähneln, die Bildung von Anastomosen in den fädigen Bereichen und auch die mineralische Zusammensetzung der Mikrofossilien. „In den Abmessungen ihrer Fäden, der Netzwerk-Architektur und der möglichen Lebensweise stimmen die Ongeluk-Fossilien am ehesten mit Pilzen überein“, konstatieren die Forscher. „Auch die Neigung der Filamente, als besenartige Büschel aus dem Untergrund emporzuwachsen, passt zu Pilzen.“ Ein typisches Kennzeichen echter Fossilien allerdings fehlt den Filamenten: Reste organischer Kohlenstoffverbindungen. Wie die Forscher erklären, ist dies jedoch gerade bei sehr alten Mikrofossilien typisch, wenn diese in Gegenwart stark oxidierender Minerale konserviert wurden.

Sollte sich die Interpretation der Mikrofossilien bestätigen, dann wirft dies ein völlig neues Licht auf die Anfänge der Pilzevolution. „Pilze, die in 2,4 Milliarden Jahre altem Gestein leben, würden dafür sprechen, dass diese Organismengruppe bedeutend älter ist als bisher angenommen“, sagen Bengtson und seine Kollegen. Gleichzeitig widerspricht dieser Fund auch bisherigen Vorstellungen darüber, wie der Urahn der Pilze einst aussah und wo er lebte. Denn bisher gingen Biologen davon aus, dass die ersten Pilze entweder auf dem Land oder im Süßwasser entstanden. Die Ongeluk-Fossilien jedoch – wenn es denn Fossilien sind – stammen von Organismen, die tief im Meeresgrund lebten. Sie müssen die winzigen Ritzen und Poren der noch frischen Lava besiedelt haben, solange sie noch in direktem Kontakt mit dem Meerwasser stand. Tatsächlich sind aus dem Zeitalter des Devon vor rund 400 Millionen Jahren Pilzarten bekannt, die auf ähnliche Weise die Kissenlava unterseeischer Vulkane besiedelten. „Der Ursprung der Pilze und ihre frühe Entwicklung könnte demnach in der Tiefen Biosphäre der Ozeane liegen statt auf dem Land“, konstatieren die Forscher. „Die Entdeckung in der Ongeluk-Formation deutet darauf hin, dass es schon vor mehr als 2,4 Milliarden Jahren Leben an Unterseevulkanen gab.“

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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