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Algen: Nicht jedes Eisen düngt

Erde|Umwelt

Algen: Nicht jedes Eisen düngt
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Der Perito Moreno Gletscher in Patafonien - einer der Eisenlieferanten für die Meeresalgen (Foto: Michael R. Kaplan)
Photosynthese-betreibende Algen sind für das Klima auf unserem Planeten von großer Bedeutung. Um zu wachsen und Photosynthese betreiben zu können, sind die Organismen in vielen Meeresregionen jedoch auf eine Düngung durch eisenreichen Staub angewiesen. Dabei ist es offenbar entscheidend, woher dieser Staub stammt. Eine Studie zeigt nun: Das in von Gletschern beeinflussten Sedimenten enthaltene Metall können die Kohlenstoffschlucker am besten verwerten. Dies wirft einen neuen Blick auf die Bedeutung von unterschiedlichen Eisenformen für den Kohlenstoffkreislauf der Erde.

In den lichtdurchfluteten Zonen der Weltmeere leben Milliarden winziger Algen und Cyanobakterien und treiben dort biologische, chemische und geologische Kreisläufe an. So nehmen die Organismen zum Beispiel Kohlendioxid zur Photosynthese auf und geben Sauerstoff in die Atmosphäre ab. Sobald sie absterben und zu Boden sinken, verfrachten sie einen guten Teil des aufgenommenen Treibhausgases in den Tiefen des Ozeans – und regulieren so das Klima. Damit die Biopumpen diese Arbeit optimal verrichten können, benötigen sie Eisen. Insbesondere auf der Südhalbkugel der Erde gibt es jedoch viele Meeresregionen, die zwar reichlich Nährstoffe wie Nitrat und Phosphat enthalten, aber wenig sogenannte Mikronährstoffe wie das für das Plankton lebenswichtige Eisen. Dort wachsen deshalb kaum Algen und es gibt folglich wenig Chlorophyll im Wasser. Experten sprechen aus diesem Grund auch von HNLC-Regionen: high nutrient, low chlorophyll.

Zusätzliches Eisen ermöglicht allerdings auch in solchen Gebieten eine Algenblüte. Deshalb gab es bereits Überlegungen, das Algenwachstum durch künstliche Eisendüngung anzukurbeln. Diese Maßnahmen im Rahmen des Geoengineerings könnten, so die Hoffnung, die Aufnahme des Treibhausgases CO2 aus der Luft verstärken und so dem Klimawandel entgegenwirken. Allerdings: Das Risiko bei solchen großräumigen Eingriffen in natürliche Kreisläufe ist hoch – vor allem, wenn bisher nicht einmal geklärt ist, wie effektiv Algen verschiedene natürliche Eisenquellen wie das Schmelzwasser von Gletschern oder eisenreichen, ins Meer gewehten Staub verwerten.

Eisenfutter im Vergleich

Wissenschaftler um Elizabeth Schoenfelt von der Columbia University in New York haben sich nun daran gemacht, diese Zusammenhänge genauer zu erforschen. Für ihre Studie untersuchten die Forscher zunächst die Zusammensetzung von Sedimenten in Patagonien. „Der meiste Staub, der durch Winde in den Südlichen Ozean gelangt, stammt aus diesem Teil Südamerikas“, schreibt das Team. Zum einen handelt es sich dabei um Gestein, das durch Gletscherbewegungen im Laufe der Zeit zu feinen Partikeln zerrieben wurde. Zum anderen um nicht durch Gletscher beeinflusstes Material, das durch Verwitterung entstanden ist. Die Analyse zeigte, dass der Staub aus diesen beiden Quellen Eisen in unterschiedlicher Form enthält: Im Gletscherstaub dominieren Silikate, die reich an zweiwertigem Eisen sind. In nahegelegenen, nicht von Gletschern beeinflussten Sedimenten kommen dagegen hauptsächlich Silikate und Oxyhydroxide vor, die Eisen(III) enthalten. Diese Form des Metalls ist im Gegensatz zu Eisen(II)-Verbindungen nur schwer wasserlöslich.

Wie gut aber können Algen das Eisen aus diesen unterschiedlichen Quellen nutzen? Das testeten die Wissenschaftler an der Art Phaeodactylum tricornutum, einer Kieselalge. Kieselalgen spielen eine wichtige Rolle für den Kohlenstoffkreislauf und sind für rund 40 Prozent der Primärproduktion in den Weltmeeren verantwortlich. Die Experimente mit den kleinen Organismen offenbarten: Die Kieselalgen können zweiwertiges Eisen besser verwerten als dreiwertiges. So wuchsen sie deutlich rascher und betrieben effektiver Photosynthese, wenn die Lösung, in der sie schwammen, Partikel aus Gletscherstaub enthielt. Konkret war das Wachstum dabei rund zweieinhalbmal schneller als in Anwesenheit von Partikeln aus Eisen(III)-haltigen Sedimenten. Der Grund für die bessere Verwertbarkeit scheint überraschenderweise jedoch nicht nur die bessere Wasserlöslichkeit des Eisen(II) zu sein. Wie das Team berichtet, nutzten die Organismen nachweislich sowohl gelöstes als auch noch in den Partikeln enthaltenes Eisen. Über welche Mechanismen sie sich das nicht-gelöste Eisen erschließen, sei aber unklar und müsse noch erforscht werden, schreiben Schoenfelt und ihre Kollegen.

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Wichtiger Einflussfaktor

Schon jetzt zeigen die Ergebnisse jedoch: Bei der Eisendüngung der Meeresalgen spielt die Art des Eisens eine entscheidende Rolle. Denn nicht jede Eisenverbindung vermag das Algenwachstum effektiv anzuregen. Dies liefert einerseits neue Einblicke in die Wechselwirkungen von Land, Meer und Klima: „Bestätigen sich unsere Ergebnisse für andere Kieselalgen, können wir davon ausgehen, dass Staub, der während Eiszeiten in die Ozeane gelangte, für die Organismen besser verwertbar ist als Staub aus wärmeren Perioden“, schreiben die Wissenschaftler. Dies bedeutet für die heutige Zeit: Je weniger Gletscher es gibt und je weniger Gletscherstaub ins Meer weht, desto schlechter wird die Eisenversorgung des Phytoplanktons. Andererseits aber zeigen diese Erkenntnisse auch, welche Methoden bei einer menschengemachten Eisendüngung des Südozeans funktionieren könnten – und welche nicht.

Quelle:

© wissenschaft.de – Daniela Albat
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