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Ameisen: Angeheizte Feindseligkeit?

Klimawandel

Ameisen: Angeheizte Feindseligkeit?
Die in hochalpinen Gebieten verbreitete Ameisen-Art Tetramorium alpestre stand im Fokus der Forscher. © Petra Thurner, Forschungsgruppe Molekulare Ökologie

Erneut zeichnen sich vielschichtige Folgen ab: Erhöhte Temperaturen im Zuge des Klimawandels könnten aggressives Verhalten zwischen rivalisierenden Ameisen-Kolonien verstärken, berichten Forscher. Dies lassen Beobachtungen bei einer alpinen Ameisenart vermuten. Tiere aus Kolonien in wärmeren Temperaturzonen der Alpen reagieren demnach feindseliger auf ihre Nachbarn als Exemplare aus kühleren Regionen. Wenn es den Zusammenhang auch bei anderen Arten gibt, besitzt er möglicherweise ökologische Bedeutung. Denn mehr „Gerangel“ unter Ameisenvölkern könnte sich negativ auf ihre Leistungsfähigkeit insgesamt auswirken, erklären die Wissenschaftler.

Sie sind klein, doch die Bedeutung der Ameisen für die Welt ist riesig. Dies spiegelte sich kürzlich eindrucksvoll in einer Schätzung wider: Demnach krabbeln etwa 20 Billiarden Ameisen über unseren Planeten und bilden damit eine gewaltige Gesamt-Biomasse. Sie spielen in ihren verschiedenen Lebensräumen auch oft eine zentrale ökologische Rolle: Sie besitzen eine wichtige Funktion im Stoffkreislauf und wirken sich durch ihre verschiedenen Tätigkeiten in komplexer Weise auf andere Organismen und die Umwelt aus. Vor diesem Hintergrund erscheint es wichtig zu wissen, wie diese ökologischen Drahtzieher auf die Umweltveränderungen reagieren könnten, die durch den Menschen verursacht werden.

Welche Faktoren bestimmen Feindseligkeit?

Die Forscher um Patrick Krapf von der Universität Innsbruck haben sich dabei nun mit möglichen Auswirkungen von Umweltveränderungen auf das Verhalten der Ameisen beschäftigt. Konkret stand die innerartliche Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Kolonien einer Art im Fokus. Es ist bekannt, dass Individuen benachbarter Staaten feindselig reagieren können, wenn sie einander begegnen. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass erhöhte Temperaturen die Neigung zu Aggressivität bei Tieren einschließlich des Menschen steigern können. Ob sich dies auch bei Ameisen abzeichnet, haben die Forscher am Beispiel der im alpinen Raum weit verbreiteten Art Tetramorium alpestre untersucht.

Sie erfassten dazu die Merkmale des Lebensraums von Populationen an acht unterschiedlich hochgelegenen Standorten in Österreich, Italien, Frankreich und der Schweiz. Neben den dortigen Temperaturbedingungen untersuchten die Forscher körperliche und genetische Merkmale der Ameisen. Um zu erfassen, wie feindselig oder friedvoll sie auf Artgenossen anderer Kolonien an den jeweiligen Standorten reagieren, führten sie Tests im Labor sowie vor Ort durch. Sie ließen dazu jeweils zwei Arbeiterinnen benachbarter Kolonien aufeinandertreffen. „Diese auf Video aufgezeichneten Interaktionen sollten Begegnungen in freier Natur – wie es bei der Nahrungssuche der Ameisen-Arbeiterinnen vorkommt – simulieren“, so Krapf. Die Videos wurden dann durch das Team auf Sekundenbasis ausgewertet und ergaben einen mittleren Aggressionswert für alle Begegnungen.

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In wärmeren Zonen aggressiver

Wie das Team berichtet, zeichnete sich in den Auswertungen ab, dass die Ameisen mancher Populationen deutlich vehementer aufeinander losgingen als andere. Durch den Vergleich mit den anderen erfassten Daten zeigte sich dabei, dass bei dieser Art die Aggression offenbar tatsächlich mit Umweltfaktoren korreliert. „Die Aggressivität der Ameisen aus den wärmeren Gebieten war im Vergleich zu den kühleren Standorten um ein Vielfaches erhöht“, sagt Krapf. Hinweise auf eine Rolle genetischer Faktoren fanden die Forscher hingegen nicht. Es gab allerdings noch eine weitere Korrelation: „Neben der erhöhten Lufttemperatur beobachten wir auch einen Zusammenhang zwischen dem Stickstoff-Gehalt in den Arbeiterinnen und im Boden und der Feindseligkeit“, sagt Krapf. Auch dabei kann es sich um einen anthropogenen Aspekt handeln. „Die Stickstoffverfügbarkeit in Böden ist vermutlich auch aufgrund des ökologischen Wandels durch die Klimakrise erhöht“, so der Forscher.

Wie er und seine Kollegen betonen, ist allerdings nun mehr Forschungsarbeit nötig, um die genaueren Hintergründe der Zusammenhänge zu klären, die sich in ihren Ergebnissen abzeichnen. Außerdem bleibt ungewiss, inwieweit sich die Resultate auch auf andere Ameisenarten übertragen lassen. Doch falls dem so ist, könnte der Effekt ökologische Bedeutung haben, erklärt Krapf: „Dass Ameisen bei der Nahrungssuche aggressives Verhalten gegenüber anderen Kolonien zeigen, ist normal. Wenn diese Kampfaktivitäten aber zunehmen, kostet das die Arbeiterinnen viel Kraft und Zeit. Das könnte sich negativ auf die Entwicklung des ganzen Ameisenstaates auswirken, weil dann die Anzahl der Ameisen zurückgeht und beispielsweise weniger Nahrung vorhanden ist“. Abschließend sagt der Wissenschaftler mit Blick auf den weiteren Forschungsbedarf: „Da Ameisen sehr wichtige Ökosystemdienstleister sind, ist ein besseres Verständnis der Folgen des globalen Wandels von großer Bedeutung.“

Quelle: Universität Innsbruck, Fachartikel: Science of The Total Environment, doi: 10.1016/j.scitotenv.2022.160443

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