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Antifouling könnte Korallen helfen

Erstaunliche Nutzungsmöglichkeit

Antifouling könnte Korallen helfen
Lisa Röpke bei Tests mit beschichteten Trägern für die Ansiedlung von Korallenlarven. © Lisa Röpke Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Eigentlich sollen die abweisenden Substanzen Schiffsrümpfe vor dem Bewuchs mit Algen und Co bewahren. Doch für sanfte Antifouling-Beschichtungen könnte es noch eine weitere Anwendungsmöglichkeit geben, legen Studienergebnisse nahe: Auf Oberflächen, die der Ansiedlung von Korallen dienen sollen, könnten sie den Larven der Nesseltiere einen entscheidenden Entwicklungsvorteil gegenüber konkurrierenden Algen vermitteln, berichten Forscher.

Der Rumpf von Schiffen ist ein Lebensraum, den marine Organismen wie Algen, Seepocken oder Muscheln gern und schnell besiedeln. Der wuchernde Bewuchs kann dadurch schon nach kurzer Zeit zu einer erheblichen Belastung heranwachsen: Das sogenannte Biofouling erhöht den Strömungswiderstand und das Gewicht von Schiffen und verursacht dadurch weltweit Milliardenschäden. Um das Problem einzudämmen, werden Schiffsrümpfe mit Antifouling-Beschichtungen versehen. Es handelt sich dabei meist um Anstriche, die biozide Wirkstoffe enthalten, die den Bewuchs durch die problematischen Organismen verhindern sollen. Es scheint verwunderlich, dass die Forscher um Lisa Röpke vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen auf die Idee kamen, dass ausgerechnet in diesem Konzept Potenzial für den Korallenschutz stecken könnte. Doch wie sie erklären, haben auch Korallen eine Art Biofouling-Problem.

Konkurrenzkampf mit Algen

Vor allem Algen machen den winzigen Larven der Nesseltiere geeignete Siedlungsplätze streitig. Im Konkurrenzkampf um Platz und Licht sind Algen insbesondere dort im Vorteil, wo Küstengebiete durch Abwässer verschmutzt sind, da sie unter solchen Bedingungen gut gedeihen. Für die durch den Klimawandel und sonstige anthropogene Schadwirkungen bereits stark belasteten Korallenriffe stellt dies ein weiteres Problem dar. Besonders kritisch ist der Konkurrenzdruck dabei auch bei gezielten Ansiedlungsprojekten. Damit sich Riffe erholen können und widerstandsfähiger werden, muss die Fortpflanzung der Steinkorallen sowie die Verbreitung und Ansiedlung ihrer Larven gelingen.

Im Rahmen ihrer Studie sind Röpke und ihre Kollegen nun der Frage nachgegangen, inwieweit spezielle Antifouling-Beschichtungen eingesetzt werden könnten, um das Algenwachstum einzudämmen, das die Korallenlarven bei ihrer Ansiedlung oft beeinträchtigt. „Wir wollten eine Beschichtung finden, die das Algenwachstum auf einem geeigneten Siedlungsplatz reduziert, die Larven aber nicht beeinträchtigt“, sagt die Wissenschaftlerin. So bestrichen die Wissenschaftler Trägerplättchen, wie sie zum Aussetzen kleiner Korallenstöcke in Meerwasseraquarien und bei Wiederherstellungsprojekten in Riffen genutzt werden, mit drei extra für die Studie entwickelten Test-Antifouling-Beschichtungen. Sie waren so konzipiert, dass eine Algenunterdrückung bei gleichzeitiger Schonung der Larven möglich erschien.

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Eine der Beschichtungen beinhaltete dabei das Biozid DCOIT (Dichlorooctylisothiazolinon), eine weitere bestand aus Ceriumdioxid-Nanopartikeln. Diese können das Bakterienwachstum auf Substraten eindämmen, was wiederum einen großen Einfluss darauf hat, ob sich anschließend Algen an einem Platz niederlassen, erklären die Forscher. Bei dem dritten Anstrich handelte es sich um eine Silikonbeschichtung, die durch ihre glatte und wasserabweisende Oberfläche verhindert, dass sich Fouling-Organismen ansiedeln können.

Potenzial für Korallenschutz-Projekte

Nachdem die Forscher die beschichteten Träger gemeinsam mit Kalk-, Grün- und Braunalgen fünf Wochen lang in Aquarien gelagert hatten, zeigte sich: „Sowohl die Silikon- wie auch die DCOIT- Beschichtung konnten das Algenwachstum auf den Trägern besonders wirksam reduzierten“, sagt Röpke. Anschließend fügten die Wissenschaftler dann Korallenlarven der Gattung Acropora zu den Testträgern hinzu und untersuchten 24 Stunden später, wie viele der Winzlinge sich auf den Trägern angesiedelt hatten. Dabei zeigte sich: „Es war besonders erfreulich zu sehen, dass sich die Beschichtungen nicht negativ auf das Ansiedlungsverhalten der Korallenlarven auswirkten“, berichtet Röpke.

Unterm Strich zeichnete sich damit grundlegendes Potenzial ab: „Antifouling-Beschichtungen können die Bewuchsintensität auf relevante Weise reduzieren, während gleichzeitig ein robustes Niveau der Korallenbesiedlung erhalten bleibt“, schreiben die Wissenschaftler. „Möglicherweise könnten mit dieser Methode somit Flächen in Riffen gestaltet werden, die das Algenwachstum in Schach halten und den Korallen somit einen zeitlichen Vorsprung in ihrer Entwicklung geben. Für Riffe wäre das eine wichtige Hilfe, zumal ein Großteil der Steinkorallen in der Regel nur einmal im Jahr ablaicht“, sagt Röpke.

Allerdings ist nun weitere Forschungsarbeit nötig, betont die Wissenschaftlerin. „Momentan gibt es auf dem Markt noch keine verlässlichen und gleichzeitig unbedenklichen Antifouling-Anstriche. Effektive und nur für Bewuchsorganismen schädliche Beschichtungen könnten eine nachhaltige Alternative zu toxischen Anstrichen sein“, so Röpke. Auch im Fall der Antifouling-Anstriche ihrer Studie müssen nun erst die Wirkungen auf Larven weiterer Korallenarten und auch auf andere Rifforganismen untersucht werden, gibt die Forscherin zu bedenken.

Quelle: Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-022-19997-6

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