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Arktis: Klimawandel verändert Arthropoden-Gemeinschaften

Erde|Umwelt

Arktis: Klimawandel verändert Arthropoden-Gemeinschaften
Die Insektenart Nysius groenlandicus ist in Grönland weit verbreitet - und einer der Profiteure des Klimawandels. (Foto: Toke Høye)

Die Arktis ist einer der Hotspots des Klimawandels – nirgendwo sonst steigen die Temperaturen so rasant. Welche Auswirkungen dies auf die Insekten, Spinnen und anderen Arthropoden hat, haben nun Forscher auf Grönland untersucht. Das Ergebnis: Die Erwärmung hat bereits zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung geführt. Pflanzenfressende Insekten und Parasiten sind demnach häufiger geworden, Tiere, die organische Abfälle fressen und abbauen dagegen seltener. Damit verändern sich auch die Nahrungsnetze und ökologischen Wechselwirkungen in dieser Region.

Die Erwärmung der Arktis lässt nicht nur Gletscher, Meereis und den Permafrost schmelzen, auch die Tiere und Pflanzen der Polarregionen müssen sich an die sich schnell wandelnden Bedingungen anpassen. „Es wird aber immer deutlicher, dass die Reaktionen der arktischen Spezies sehr unterschiedlich ausfallen“, erklären Amanda Koltz von der Washington University in St. Louis und ihre Kollegen. Während einige ohne größere Problem mit den Veränderungen klarkommen und sogar profitieren, droht anderen der Verlust ihrer Lebensgrundlage. Das macht es sehr schwer zu ermitteln, wie sich die arktischen Ökosysteme als Ganzes oder selbst bestimmten Organismengruppen durch den Klimawandel verändern.

Mehr Pflanzenfresser und Parasitoide

Um hier mehr Klarheit zu schaffen, haben Koltz und ihre Kollegen nun an einer der artenreichsten und zahlreichsten Tiergruppen der Arktis angesetzt: den Arthropoden. Die unzähligen Insekten, Spinnen und anderen Gliederfüßer machen einen Großteil der Biomasse in den arktischen Tundren aus – weit mehr als Vögel oder Säugetiere. Hinzu kommt: die Gliederfüßer besitzen nur kurze Generationszeiten und sind als wechselwarme Tiere besonders stark von ihrer Umgebungstemperatur geprägt. An ihnen lassen sich daher klimabedingte Veränderungen besonders früh ablesen, wie die Forscher erklären. Für ihre Studie haben sie die Artverteilung und Häufigkeit der Arthropoden untersucht, die in der Zeit von 1996 bis 2014 von Wissenschaftler der Zackenberg-Feldstation an der Nordostküste Grönlands gesammelt worden waren. Außerdem ermittelten sie die klimatischen Veränderungen, die es in dieser Zeit gegeben hat.

Das Ergebnis: Wie erwartet hat sich das Klima in dieser Region Grönlands im Verlauf der 19 Jahre verändert: Sommer und Herbst – die Jahreszeiten, in denen Arthropoden aktiv sind – sind im Schnitt wärmer geworden. Im Winter gibt es immer weniger Wechsel zwischen Frost und Taubedingungen, wie die Forscher berichten. Das wirkte sich auch auf die Arthropoden aus. In den Jahren, in denen die Klimaveränderungen besonders spürbar waren, veränderte sich die Zusammensetzung der Artengemeinschaft messbar. „Wir haben eine Zunahme von Pflanzenfressern, vor allem der Wanzen, und von Parasitoiden wie den Hautflüglern festgestellt „, berichten Koltz und ihre Kollegen. „Detrivore wie Springschwänze und Milben haben dagegen abgenommen.“ Als Detrivore bezeichnen Biologen Arten, die sich von organischen Abfällen wie Blättern, Kot oder den Kadavern von Tieren ernähren.

Abhängig vom Habitat

Diese Verschiebungen waren jedoch nicht nur spezifisch für verschiedenen Arthropodengruppen, ihr Ausmaß unterschied sich auch je nach Habitat: „Die Veränderungen in der Zusammensetzung der Artgengemeinschaften war in trockenen Lebensräumen drei bis fünfmal extremer als in Feuchtgebieten“, berichten die Wissenschaftler. Das deute darauf hin, dass Insekten, Spinnen und andere Gliederfüßler in eher trockenen Gebieten sensibler auf die Klimaveränderungen reagieren. Interessant ist jedoch, dass die Zunahme der Pflanzenfresser dabei offenbar nicht auf ein verbessertes Futterangebot zurückzuführen ist: „Obwohl die Pflanzengemeinschaften in den trocknen Habitaten gegenüber der Erwärmung relativ resistent waren, haben sich die Herbivorenzahlen dennoch erhöht“, so Koltz und ihre Kollegen. „Das könnte bedeuten, dass der Befall der Pflanzen in diesen Gebieten stärker geworden ist.“

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Noch lässt sich nicht vorhersagen, welche Folgen diese Verschiebungen innerhalb der Arthropoden-Gemeinschaften für die Ökosysteme der Arktis haben wird. Doch die Forscher gehen davon aus, dass dies auch die Dynamik der Nahrungsnetze und die Wechselwirkungen der Organismengruppen untereinander beeinflussen wird. So könnte die Zunahme von Pflanzenschädlingen und die Abnahme von Detrivoren beispielsweise Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum, die Zersetzung organischer Abfälle und den Kreislauf der Nährstoffe haben. „Wir spenden gerade solchen kleinen Tieren wie den Arthropoden oft kaum Aufmerksamkeit, aber ihre sich verändernden Häufigkeiten könnten erhebliche Konsequenzen haben“, sagt Koltz.

Quelle: Amanda Koltz (Washington University, St. Louis) et al., Royal Society Open Science, doi: 10.1098/rsos.171503

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