Unterschiedliche Wetterbedingungen können die Entstehung neuer Arten einleiten. Das zeigt das Beispiel der kanadischen Luchse, die sich in den drei großen Klimazonen Kanadas genetisch voneinander entfernt haben. Der Zoologe Nils Stenseth und seine Kollegen von der Universität Oslo fanden heraus, dass die unterschiedlichen Genhäufigkeiten auf die abweichenden Klimabedingungen zurückzuführen sind, berichtet die Fachzeitschrift PNAS (Online-Vorabveröffentlichung: DOI: 10.1073/pnas.0307123101).
Der erste Schritt bei der Entstehung neuer Arten ist im Allgemeinen eine räumliche Trennung der Mitglieder einer Art. So kann etwa ein Gebirge zur Fortpflanzungsbarriere werden und Gruppen derselben Art genetisch voneinander isolieren. Beim
kanadischen Luchs existieren drei genetisch deutlich unterschiedliche Gruppen. Diese genetische Isolation ist eine Folge der Klimabedingungen, konnte das Team um Stenseth zeigen: Die Luchse werden nicht durch geographische Hindernisse, sondern durch Klimazonen voneinander getrennt.
Beim kanadischen Luchs unterliegt die Gesamtzahl der Tiere starken Schwankungen. Regelmäßig kommt es zu einem Zusammenbruch der Bestände und anschließend nimmt die Zahl der Tiere wieder zu. Der Verlauf solcher Bestandsschwankungen ist zwischen den Tieren aus unterschiedlicher Klimazonen zeitlich gegeneinander verschoben, stellten die Forscher fest. Zwischen allen Gruppen derselben Klimazone sind die Zyklen dagegen synchronisiert.
Mithilfe einer Computersimulation konnten die Forscher zeigen, wie einzelne Gene unter den Luchsen mit diesen Bestandsschwankungen häufiger oder seltener werden. Da die Bestandszyklen zwischen den Klimazonen voneinander abweichen, sind es in jeder Klimazone andere Gene, deren Häufigkeit zu- oder abnimmt. Auf diese Weise führen die Klimabedingungen zu einer genetischen Isolation der Luchse in den drei Regionen. Die Forscher folgern daraus, dass Klimagrenzen ebenso zur Bildung neuer Arten führen können wie geographische Barrieren.
Thomas Kappe