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Auf Kollisionskurs

Erde|Umwelt

Auf Kollisionskurs

NICHT NUR SONNENHUNGRIGE Touristen strömen alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit nach Hawaii. Auch Buckelwale sehen das tropische Wasserparadies ab Dezember als ihr Revier an, das sie sechs Monate lang als Kreißsaal und als Schulhof für den Nachwuchs nutzen. Doch seit gut einem Jahrzehnt drückt der Mix aus Touristen und schwergewichtigen Meeressäugern auf die Festtagsstimmung (siehe bild der wissenschaft 4/2004, „Gefährlich zahme Wale“): Immer häufiger kam es zu gefährlichen Begegnungen zwischen Mensch und Tier, vor allem beim populären Whale-Watching.

„Leider setzt sich dieser Trend fort“, bezeugt Ed Lyman. Er ist Wissenschaftler beim Hawaiian Islands Humpback Whale National Marine Sanctuary, einem 1992 eingerichteten Walschutzgebiet rund um die Küsten der sechs Hauptinseln. Anfang des vergangenen Jahrzehnts gab es hier durchschnittlich zwei Buckelwal-Boot-Kollisionen pro Saison, doch mit jedem Jahr stieg die Zahl. Für 2013 gingen bislang zehn Meldungen von Zusammenstößen ein, allein acht im Februar, als die Kinderstube der Buckelwale am vollsten war.

„Sehr wahrscheinlich liegt die Zahl höher“, vermutet Lyman, denn auf seinem Schreibtisch landen nur die Unfallprotokolle von ehrlichen Kapitänen. „Einen Crash melden müsste an sich jeder“, sagt Lyman. „Das sollte kein Problem sein, da wir eine Telefon-Hotline eingerichtet haben.“ Immerhin – die 2013 gemeldeten Unglücke verliefen glimpflich. Ein gerammter Kayakfahrer erlitt leichte Schürfwunden, und einige Wale trugen Hautschnitte durch Schiffsschrauben davon. „Es sind aber auch Tiere an solchen Verletzungen gestorben“, berichtet Lyman, der mit seinem Team in dem 3500 Quadratkilometer großen Schutzgebiet patrouilliert.

Woran liegt es überhaupt, dass Buckelwale und Menschen sich immer häufiger in die Quere kommen? „Da ist zunächst die stetig größer werdende Population“, erklärt Joseph Mobley, Walexperte und Verhaltensforscher an der University of Hawaii in Manoa. Seit den 1990er-Jahren dokumentiert er regelmäßig die Buckelwalbestände rund um den Hawaiianischen Archipel. „Alle 13 Jahre verdoppelt sich die Herde“, stellte Mobley fest. Er vermutet, dass derzeit mindestens 7000 Tiere jedes Jahr aus Alaska zum Überwintern nach Hawaii kommen – das sind zwei Drittel aller im Pazifik lebenden Buckelwale.

Zudem bevorzugen die Tiere – anders als Blau- und Finnwale – flache Küstengewässer und müssen sich daher ihr Terrain mit Fischerbooten, Fähren, Jet-Ski-Läufern und anderen Wasser-Enthusiasten teilen. „Zusammen mit der verstärkten Gewöhnung der Tiere an Menschen erhält man leicht das Rezept für das Desaster“, sagt Mobley.

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Die mächtigen 40-Tonner, die noch zu Joseph Mobleys Studienzeit Boote strikt gemieden hatten, zeigen immer weniger Angst vor Menschen und deren Vehikeln. Neugierig schwimmen sie auf dümpelnde Boote zu, selbst Walmütter mit ihren Jungen kommen dicht heran. Vor Kurzem wollte ein Buckelwal ein Ausflugsboot sogar bis in den Hafen zurückbegleiten. Der Wissenschaftler findet es bedenklich, dass die Zahl der Kollisionen Ende 2013 zum ersten Mal zweistellig ist.

Um folgenschwere Zusammenstöße zu vermeiden, hilft nur eines: runter vom Gas. Aber es gibt immer noch keine Geschwindigkeitsbegrenzung für Boote im Schutzgebiet. Lyman kann daher lediglich an die Skipper appellieren, ihr Tempo auf höchstens 10 Knoten (18 Kilometer pro Stunde) zu drosseln. Denn nur so kann man den Buckelwalen, die immerhin mit 2 bis 3 Knoten unterwegs sind, rechtzeitig ausweichen – nicht nur zur Weihnachtszeit. Désirée Karge ■

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