Gerade einmal 15 Minuten könnte es künftig dauern, Autismus sicher und unkompliziert zu diagnostizieren. Englischen Wissenschaftlern ist dies gelungen, indem sie die Hirnstruktur von Freiwilligen mit Hilfe eines Magnetresonanztomographen und einer speziellen Analyse-Software genau unter die Lupe nahmen. Unter den Probanden befanden sich neben gesunden Menschen auch Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung und solche, bei denen zuvor bereits durch herkömmliche aufwendige Untersuchungsmethoden Autismus diagnostiziert worden war. Die Trefferquote der Hirnscans lag bei über 90 Prozent. Die Studie befasste sich zunächst nur mit Erwachsenen, soll nun aber auf Kinder ausgedehnt werden.
Autismus ist eine Entwicklungsstörung des Gehirns, die in vielen unterschiedlichen Ausprägungsformen vorkommt: Einige Betroffene können ein weitgehend normales Leben führen, während andere zeitlebens auf Betreuung angewiesen sind. Durch Filme wie ‚Rainman‘ mit Dustin Hoffman ist vor allem das Asperger-Syndrom bekannt geworden, das bisweilen mit Hochbegabung einhergeht. Charakteristisch für autistische Störungen sind Probleme mit der Kommunikation und der Interaktion mit anderen Menschen. Zudem spielen bis ins Detail geregelte Abläufe im Leben vieler Autisten eine große Rolle: Abweichungen vom gewohnten Schema können Panikreaktionen verursachen.
Da das Ausprägungsspektrum sehr weit ist, gestaltet sich die Diagnose autistischer Störungen entsprechend kompliziert und erfolgt auch heute noch oftmals sehr spät. Leider, denn je früher eine Störung erkannt wird, desto früher kann mit Sprach- und Verhaltenstherapien begonnen und somit die Lebensqualität von Betroffenen und deren Angehörigen teils deutlich gesteigert werden.
Bei den 20 Autisten, die an den Untersuchungen von Declan Murphy vom King’s College London und ihrem Team teilnahmen, war die Diagnosestellung anhand von IQ-Tests, psychiatrischen Interviews und physischen Übungen sowie Bluttests erfolgt. Als Kontrolle dienten sowohl 20 gesunde Menschen als auch 19 ADHS-Patienten ? ADHS ist eine psychische Störung, die in ihren Symptomen einigen Autismusformen ähnelt.
Mit Hilfe eines Magnetresonanztomographen in Verbindung mit einer speziellen Software untersuchten die Wissenschaftler die graue Hirnsubstanz der Freiwilligen auf bestimmte Veränderungen in Form, Struktur und Dicke. Das Computerprogramm war auf Basis von Daten aus Gehirnscans anderer Autisten erstellt worden. Als der Computer schließlich die Untersuchungsergebnisse ausspuckte, erwiesen sich diese als erstaunlich präzise.
Declan Murphy (King’s College London) et al.: Journal of Neuroscience, Bd. 30, Nr. 32 ddp/wissenschaft.de ? Mascha Schacht