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B wie böser Irrtum

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B wie böser Irrtum
Ein Übermaß an B-Vitaminen beschleunigt das Fortschreiten von Nierenerkrankungen bei Diabetikern. Zu diesem Schluss ist ein kanadisches Forscherteam gekommen und warnt Patienten mit sogenannter Diabetischer Nephropathie ausdrücklich vor einer Vitamin-B-Therapie, von der bislang vermutet wurde, dass sie eine Verschlechterung der Nierenfunktionen verlangsamen könnte. Die Wissenschaftler hatten in ihrer Studie 238 Diabetiker mit Nierenerkrankungen untersucht, die täglich Vitamin-B-Tabletten erhielten. Dabei stellten sie nicht nur eine Verschlechterung der Nierentätigkeit fest, sondern auch eine Verdopplung des Risikos für Schlaganfälle sowie für Herz- und Gefäßkrankheiten, berichten Andrew House von der University of Western Ontario in London (Ontario) und seine Kollegen.

Langjährige Diabetiker entwickeln oft Nierenerkrankungen, die letztendlich zu einem Versagen der lebenswichtigen Filterorgane führen können. Mehrere Studien hatten einen Zusammenhang zwischen der Entstehung dieser Diabetischen Nephropathie und einem erhöhten Konzentration an sogenannten Homocysteinen im Blut festgestellt. Da B-Vitamine den Gehalt an diesen Aminosäuren senken können, war propagiert worden, dass regelmäßige Vitamin-Gaben den Nierenschäden vorbeugen oder deren Fortschreiten verlangsamen könnten. Diese Empfehlungen stützten sich jedoch vor allem auf die Analyse des Homocysteinspiegels in Urinproben von Diabetikern, wobei nach einer Vitamin-B-Therapie in der Tat ein Absinken beobachtet werden konnte.

House und sein Team untersuchten nun jedoch auch die Glomeruläre Filtrationsrate, die Auskunft über die Funktionsfähigkeit der Nieren gibt: Sie ermittelten die Rate von 238 Patienten mit Diabetischer Nephropathie, denen sie über einen Zeitraum von durchschnittlich 36 Monaten täglich entweder ein Placebo verabreichten oder aber eine Tablette, die 2,5 Milligramm Folsäure (Vitamin B9), 25 Milligramm Vitamin B6 sowie 1 Milligramm Vitamin B12 enthielt. Zusätzlich werteten sie aus, wie viele Schlaganfälle die Patienten in den verschiedenen Gruppen erlitten und wie viele Herz- und Gefäßerkrankungen sie entwickelten.

Den Erwartungen der Forscher nach hätten die Patienten, die zusätzliche B-Vitamine erhielten, in allen Punkten bessere Resultate erzielen müssen als die Placebogruppe ? doch genau das Gegenteil war der Fall. Zwar sank wiederum der Homocysteinspiegel im Urin der Vitamin-Gruppe, doch verschlechterte sich ihre Nierenfunktion im Gegensatz zur Placebogruppe deutlich, auch traten zusätzliche Komplikationen wie Schlaganfälle oder Herz- und Gefäßkrankheiten wesentlich häufiger auf. Nach Einschätzung der Wissenschaftler mag eine Vitamin-B-Therapie bei Menschen mit normaler Nierenfunktion durchaus positiv sein, da diese überschüssige Vitamine mit dem Urin ausscheiden können. Nierenkranke seien dazu nicht oder nicht im normalen Maße in der Lage, wodurch möglicherweise die beobachteten Effekte hervorgerufen würden. Daher sollten sie, wie nun klar belegt sei, keine hohen Dosen Vitamin B erhalten. Es müsse nun nach anderen Wegen gesucht werden, um den Homocysteinspiegel zu senken.

Andrew House (University of Western Ontario, London) et al.: JAMA, Bd. 303, Nr. 16, S. 1603 ddp/wissenschaft.de ? Mascha Schacht
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